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"Sie hatte es sich anders vorgestellt" - mit diesen Worten von Hölderlinschem Gewicht und neorealistischer Simplizität beginnt Alfred Döblins fulminanter Roman "Karl und Rosa", der vierte und letzte Teil seiner großen "November 1918"-Apologie. Anders vorgestellt: Statt zu einer holländischen Frauenkonferenz nämlich führt Rosa Luxemburgs Reise im Februar 1915 schnurstracks ins Berliner "Weibergefängnis Barnimstraße". Im Jahr 1916 kommt sie wieder frei, nur um kurz danach erneut gefasst zu werden. Jetzt wird ihr tragische Anerkennung zuteil: "Diesmal meint man es so ernst, wie sie es selber gemeint hatte." Es ist also im Gefängnis, wo Rosa im November 1917 die Nachricht erreicht, dass ihr Geliebter, Hannes Düsterberg (der im wahren Leben Hans Diefenbach hieß), gefallen ist. Das wäre ein mögliches Ende dieser Geschichte, ein tragisches Ende wie so viele - literarisch gäbe es gerade vier Seiten her. Doch dann wäre diese Frau eben nicht Rosa Luxemburg, wäre ein epischer Revolutionär wie Döblin, geschickter Arrangeur gebirgshoch sich auftürmender Materialmassen, kaum daran interessiert, weitere achthundert Seiten folgen zu lassen. "Aber ihr Leben ist noch nicht zu Ende. Es wird noch vieles möglich sein." Und doch könnte der erste Satz als Motto der gesamten Tetralogie gelten, des wohl bedeutendsten Werks der deutschen Exilliteratur. Nicht nur vom Scheitern der Revolution, vom Scheitern der Idee des Politischen handelt es. Larmoyant ist das keineswegs, sondern eine narrativ-monumentale Reklamation der Geschichte, Gegendiskurs im neusachlichen Konjunktiv. Sehr zu begrüßen ist, dass der Fischer-Verlag zum neunzigsten Jahrestag der Revolution eine schöne, gebundene und bezahlbare Neuausgabe herausgebracht hat. Für ein angemessenes Nachwort hätte es aber doch reichen sollen. Stattdessen wurde der knapp zweiseitige Artikel aus dem "Kindler" abgedruckt - und das gleich viermal. (Alfred Döblin: "November 1918. Eine deutsche Revolution". 4 Bde. "Bürger und Soldaten 1918" / "Verratenes Volk" / "Heimkehr der Fronttruppen" / "Karl und Rosa". S. Fischer Verlag, Frankfurt 2008. 416 S. / 492 S. / 576 S. / 784 S., geb., 17,90 [Euro] / 18,90 [Euro] / 18,90 [Euro] / 19,90 [Euro].) oju
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
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