Die NS-Militärjustiz wies nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs eine in der deutschen Rechtsgeschichte beispiellose Bilanz an Urteilen auf: Schätzungsweise 30000 Todesurteile ergingen gegen Wehrmachtangehörige, von denen ca. 20000 vollstreckt wurden; Zehntausende wurden zu Zuchthausstrafen verurteilt oder mussten in Bewährungsbataillonen unter erbarmungslosen Bedingungen kämpfen. Weniger bekannt ist, dass die Wehrmachtgerichte in ganz Europa auch gegen die Zivilbevölkerung in den besetzten Ländern vorgingen – und dies mit einer ebenfalls drakonischen Urteilspraxis. Dieser Band mit Beiträgen zu Belgien, Frankreich, Italien, Norwegen und Polen zeigt, dass die Wehrmachtgerichtsbarkeit ein zentrales Macht- und Repressionsinstrument sowohl gegen widerspenstige eigene Soldaten als auch gegen die europäische Zivilbevölkerung war. Dabei arbeitete die NS-Militärjustiz Hand in Hand mit anderen Verfolgungsinstanzen wie der Geheimen Feldpolizei, der SS und dem SD. Weitere Beiträge informieren über spezielle Formationen des Wehrmachtstrafvollzugs, über die Gerichtsbarkeit im Ersatzheer und an der "Heimatfront" sowie über die Handlungsspielräume von Wehrmachtrichtern. Dieses Buch beleuchtet nicht nur erstmals in einer Gesamtschau die europäischen Dimensionen der NS-Militärjustiz, sondern skizziert neue Forschungsperspektiven und setzt Impulse für zukünftige Arbeiten.