Winner of a National Jewish Book Award
"Fascinating....A humane and tragic survey of a great and tragic subject." Jan Morris, Literary Review
From Alexander Pushkin and Isaac Babel to Zionist renegade Vladimir Jabotinsky and filmmaker Sergei Eisenstein, an astonishing cast of geniuses helped shape Odessa, a legendary haven of cosmopolitan freedom on the Black Sea. Drawing on a wealth of original sources and offering the first detailed account of the destruction of the city's Jewish community during the Second World War, Charles King's Odessa is both history and elegya vivid chronicle of a multicultural city and its remarkable resilience over the past two centuries.
"Fascinating....A humane and tragic survey of a great and tragic subject." Jan Morris, Literary Review
From Alexander Pushkin and Isaac Babel to Zionist renegade Vladimir Jabotinsky and filmmaker Sergei Eisenstein, an astonishing cast of geniuses helped shape Odessa, a legendary haven of cosmopolitan freedom on the Black Sea. Drawing on a wealth of original sources and offering the first detailed account of the destruction of the city's Jewish community during the Second World War, Charles King's Odessa is both history and elegya vivid chronicle of a multicultural city and its remarkable resilience over the past two centuries.
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Frankfurter Allgemeine ZeitungUnd immer wieder Krieg
Diese Stadt war nicht nur offen für revolutionäre Ideen, sondern auch für das Gift des Nationalismus: Charles King legt eine lesenswerte Geschichte Odessas vor.
Die russische Zarin Katharina II. (1762 bis 1796), genannt die "Große", höchstselbst soll den Namen der neuen Hafenstadt bestimmt haben, die 1794 an der Stelle des alten tatarischen Ortes Chadschibey errichtet wurde. Sie sollte nach dem antiken Helden Odysseus benannt werden. Allerdings in einer weiblichen Version, weil alle anderen neurussischen Städtegründungen am Schwarzen Meer bereits männliche Namen trugen. So kam das heute weltbekannte Odessa, das seit Januar dieses Jahres zum Unesco-Weltkulturerbe zählt, zu seinem Namen. Andere Quellen berichteten dagegen, die alte, weiter südlich gelegene Kolonialstadt Odessos (heute das bulgarische Warna) habe bei der Stadtgründung am Ende des achtzehnten Jahrhunderts, in dessen Verlauf sich das Zarenreich immer weiter in Richtung Süden ausgedehnt hatte, Namenspate gestanden.
Charles King berichtet in seiner lesenswerten Geschichte Odessas von beiden Versionen für den Ursprung des Namens der für europäische Verhältnisse recht jungen Stadt, die heute zur Ukraine gehört und nach Kiew und Charkiw die drittgrößte Stadt des seit 1991 unabhängigen Landes ist. Heute ist die Stadt wieder Kriegsschauplatz, wie so oft in ihrer gut zweihundertdreißigjährigen Geschichte. Doch da der Band im englischen Original bereits 2011 erschien und für die deutsche Übersetzung nicht aktualisiert wurde, kommen weder die gewaltsamen Ausschreitungen zwischen prorussischen und proukrainischen Demonstranten in der Stadt vom Mai 2014, bei denen fast fünfzig Menschen starben, noch der Angriffskrieg Russlands zur Sprache. Erst im Juli wurde Odessa Ziel massiver russischer Angriffe, die sich gegen historische Gebäude in der Innenstadt, darunter wichtige Museen und die wieder aufgebaute Verklärungskathedrale (F.A.Z. vom 25. Juli), sowie die Hafenanlagen richteten. Schon zuvor waren kaum noch Waren an einem der einst wichtigsten Handelshäfen des Schwarzen Meeres umgeschlagen worden.
King, Professor für Internationale Beziehungen an der Washingtoner Georgetown University, Autor einer Geschichte des Schwarzen Meeres und einer Monographie zu den Moldawiern, verknüpft geschickt die historische Entwicklung der Stadt mit den Biographien berühmter Söhne oder zeitweiliger Bewohner Odessas, darunter Alexander Puschkin, der von 1823 und 1824 in der Stadt weilte, wo er in der Ehefrau des Generalgouverneurs Michail Woronzow Inspiration für seinen Roman "Eugen Onegin" fand.
Weniger bekannte Autoren aus Odessa sind Isaak Babel, Jahrgang 1894, oder der 1880 in Odessa geborene Wladimir Jabotinsky, dessen Wirken King ausführlich vorstellt. Beide stehen pars pro toto für die große jüdische Gemeinschaft Odessas, die am Ende des neunzehnten Jahrhunderts ein Drittel der Einwohnerschaft ausmachte. Jabotinsky veröffentlichte 1936 auf Russisch den Roman "Die Fünf", in dem er vom Schicksal von fünf Kindern der jüdischen Familie Milgrom aus Odessa erzählt. Später wurde der Journalist und Aktivist zu einem der wichtigsten Verfechter eines kompromisslosen Zionismus.
Jabotinskys Heimatstadt erlebte in den Jahren 1871, 1881 und 1905 antijüdische Pogrome. Das Projekt einer kosmopolitischen Gemeinschaft aus Italienern, Griechen, Russen, Ukrainern, Juden und anderen Ethnien wurde nicht nur durch äußere Gefahren wie die tödliche Pestepidemie 1812 und 1813 oder eine Heuschreckenplage ein Jahrzehnt später bedroht, sondern auch durch fortwährende innere Spannungen. Der Schmelztiegel Odessa, eine Stadt mit einer "Grenzidentität", wie King schreibt, erwies sich nicht nur als offen für revolutionäre Ideen, sondern auch für das Gift des Nationalismus.
Von 1941 bis 1944 wurde Odessa als Teil "Transnistriens" von den mit den Deutschen verbündeten Rumänen besetzt. Den Jahren der Besatzung und dem mörderischen Ende des jüdischen Odessas widmet sich der Band im Detail. Nach der Rückeroberung der Stadt durch die Rote Armee zählten sowjetische Beamte 48 überlebende Juden. Heute erinnert in Odessa ein Mahnmal an den städtischen Holocaust.
Die Abbildung auf dem Buchcover zeigt jedoch das wohl berühmteste Wahrzeichen der Stadt: die 1841 errichtete Potemkinsche Treppe, die den Hafen mit der höher gelegenen Innenstadt Odessas verbindet. Ihre Bekanntheit verdankt sie einer ikonisch gewordenen Filmszene aus Sergej Eisensteins Film "Panzerkreuzer Potemkin", der 1925 in die Kinos kam. Die revolutionären Szenen an der Treppe entsprachen aber weniger den historischen Tatsachen als der Phantasie des Regisseurs, wie King zeigt. Dennoch sind sie für immer mit dem Namen der Stadt verbunden. RENÉ SCHLOTT
Charles King: "Odessa". Leben und Tod in einer Stadt der Träume.
Aus dem Englischen von Mark Feldon. Edition Tiamat, Berlin 2023. 392 S., Abb., br., 32,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Diese Stadt war nicht nur offen für revolutionäre Ideen, sondern auch für das Gift des Nationalismus: Charles King legt eine lesenswerte Geschichte Odessas vor.
Die russische Zarin Katharina II. (1762 bis 1796), genannt die "Große", höchstselbst soll den Namen der neuen Hafenstadt bestimmt haben, die 1794 an der Stelle des alten tatarischen Ortes Chadschibey errichtet wurde. Sie sollte nach dem antiken Helden Odysseus benannt werden. Allerdings in einer weiblichen Version, weil alle anderen neurussischen Städtegründungen am Schwarzen Meer bereits männliche Namen trugen. So kam das heute weltbekannte Odessa, das seit Januar dieses Jahres zum Unesco-Weltkulturerbe zählt, zu seinem Namen. Andere Quellen berichteten dagegen, die alte, weiter südlich gelegene Kolonialstadt Odessos (heute das bulgarische Warna) habe bei der Stadtgründung am Ende des achtzehnten Jahrhunderts, in dessen Verlauf sich das Zarenreich immer weiter in Richtung Süden ausgedehnt hatte, Namenspate gestanden.
Charles King berichtet in seiner lesenswerten Geschichte Odessas von beiden Versionen für den Ursprung des Namens der für europäische Verhältnisse recht jungen Stadt, die heute zur Ukraine gehört und nach Kiew und Charkiw die drittgrößte Stadt des seit 1991 unabhängigen Landes ist. Heute ist die Stadt wieder Kriegsschauplatz, wie so oft in ihrer gut zweihundertdreißigjährigen Geschichte. Doch da der Band im englischen Original bereits 2011 erschien und für die deutsche Übersetzung nicht aktualisiert wurde, kommen weder die gewaltsamen Ausschreitungen zwischen prorussischen und proukrainischen Demonstranten in der Stadt vom Mai 2014, bei denen fast fünfzig Menschen starben, noch der Angriffskrieg Russlands zur Sprache. Erst im Juli wurde Odessa Ziel massiver russischer Angriffe, die sich gegen historische Gebäude in der Innenstadt, darunter wichtige Museen und die wieder aufgebaute Verklärungskathedrale (F.A.Z. vom 25. Juli), sowie die Hafenanlagen richteten. Schon zuvor waren kaum noch Waren an einem der einst wichtigsten Handelshäfen des Schwarzen Meeres umgeschlagen worden.
King, Professor für Internationale Beziehungen an der Washingtoner Georgetown University, Autor einer Geschichte des Schwarzen Meeres und einer Monographie zu den Moldawiern, verknüpft geschickt die historische Entwicklung der Stadt mit den Biographien berühmter Söhne oder zeitweiliger Bewohner Odessas, darunter Alexander Puschkin, der von 1823 und 1824 in der Stadt weilte, wo er in der Ehefrau des Generalgouverneurs Michail Woronzow Inspiration für seinen Roman "Eugen Onegin" fand.
Weniger bekannte Autoren aus Odessa sind Isaak Babel, Jahrgang 1894, oder der 1880 in Odessa geborene Wladimir Jabotinsky, dessen Wirken King ausführlich vorstellt. Beide stehen pars pro toto für die große jüdische Gemeinschaft Odessas, die am Ende des neunzehnten Jahrhunderts ein Drittel der Einwohnerschaft ausmachte. Jabotinsky veröffentlichte 1936 auf Russisch den Roman "Die Fünf", in dem er vom Schicksal von fünf Kindern der jüdischen Familie Milgrom aus Odessa erzählt. Später wurde der Journalist und Aktivist zu einem der wichtigsten Verfechter eines kompromisslosen Zionismus.
Jabotinskys Heimatstadt erlebte in den Jahren 1871, 1881 und 1905 antijüdische Pogrome. Das Projekt einer kosmopolitischen Gemeinschaft aus Italienern, Griechen, Russen, Ukrainern, Juden und anderen Ethnien wurde nicht nur durch äußere Gefahren wie die tödliche Pestepidemie 1812 und 1813 oder eine Heuschreckenplage ein Jahrzehnt später bedroht, sondern auch durch fortwährende innere Spannungen. Der Schmelztiegel Odessa, eine Stadt mit einer "Grenzidentität", wie King schreibt, erwies sich nicht nur als offen für revolutionäre Ideen, sondern auch für das Gift des Nationalismus.
Von 1941 bis 1944 wurde Odessa als Teil "Transnistriens" von den mit den Deutschen verbündeten Rumänen besetzt. Den Jahren der Besatzung und dem mörderischen Ende des jüdischen Odessas widmet sich der Band im Detail. Nach der Rückeroberung der Stadt durch die Rote Armee zählten sowjetische Beamte 48 überlebende Juden. Heute erinnert in Odessa ein Mahnmal an den städtischen Holocaust.
Die Abbildung auf dem Buchcover zeigt jedoch das wohl berühmteste Wahrzeichen der Stadt: die 1841 errichtete Potemkinsche Treppe, die den Hafen mit der höher gelegenen Innenstadt Odessas verbindet. Ihre Bekanntheit verdankt sie einer ikonisch gewordenen Filmszene aus Sergej Eisensteins Film "Panzerkreuzer Potemkin", der 1925 in die Kinos kam. Die revolutionären Szenen an der Treppe entsprachen aber weniger den historischen Tatsachen als der Phantasie des Regisseurs, wie King zeigt. Dennoch sind sie für immer mit dem Namen der Stadt verbunden. RENÉ SCHLOTT
Charles King: "Odessa". Leben und Tod in einer Stadt der Träume.
Aus dem Englischen von Mark Feldon. Edition Tiamat, Berlin 2023. 392 S., Abb., br., 32,- Euro.
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