Ein ökosystemisches Menschenbild ist eine Weiterentwicklung des dreidimensionalen 'biopsychosozialen' Menschenbildes und - im klinischen Kontext bedeutsam - eines dreidimensionalen Krankheitsbildes. Es betont den ökosystemischen Aspekt des 'Umwelt-Beziehungs-Haushalts' des Menschen und ist so ein Gegenentwurf zu den überhand nehmenden reduktionistischen und eindimensionalen Menschenbildern, die einzelne Disziplinen wie die Biologie, die Psychologie, die Soziologie oder die Ökonomie propagieren. Steuerungsfaktoren menschlichen Verhaltens sind nicht nur die 'egoistischen' Gene, das Gehirn, die soziale Lage, der monetäre Nutzen oder die physische Umwelt alleine, sondern das Zusammenspiel all dieser und anderer Faktoren. Es wird gezeigt, dass die wissenschaftliche Rationalität derartiger Ansätze sowohl empirisch wie auch theoretisch begrenzter ist, als es ihre Protagonisten behaupten. Darüber hinaus ist es in Arbeitsfeldern mit Menschen, wie beispielsweise im klinischen Bereich, nicht sinnvoll, die Komplexität des Gefüges all dieser Wirkfaktoren konzeptuell zu reduzieren, sondern es ist nötig, einen wenigstens dreidimensionalen biopsychosozialen Betrachtungsrahmen zu bewahren, um der Individualität und Subjektivität der einzelnen Menschen gerecht werden zu können. Die Verbindungen zwischen den Dimensionen 'Bio', 'Psycho', und 'Sozial' sind 'zirkulär'. Diese Zirkularität von Kausalketten erfordert es, die modernen (naturwissenschaftlichen) Theorien der Komplexität und der nichtlinearen Dynamik in einen anthropologischen Rahmen einzubeziehen. Ein Konzept, das den konkreten Menschen als Produkt seiner bisherigen Person-Umwelt-Interaktionen wahrnimmt, ist realistischer als personologische Konzepte oder Umwelt-Determinismen. Neben einer solchen 'ökologischen' Perspektive soll verdeutlicht werden, dass das systemische Denken die Antwort auf die intellektuelle Herausforderung bietet, Komplexität und Entwicklung in einem Denkansatz zu verbinden. Dazu werden wichtige Arbeitsergebnisse systemischen Denkens in der jüngeren Wissenschaftsgeschichte herangezogen und vor allem die Methode des systemischen Denkens vorangestellt. Hinzu kommt die ausdrückliche Einbindung konkreter Umweltbereiche, um das Sosein und das Dasein der Menschen, vor allem im klinischen Kontext, besser zu verstehen.
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