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Aufstieg und Fall des Frackings
Es gibt Bücher, die sollte man zweimal lesen: unmittelbar nach Publikation, weil das Thema spannend ist, und später, weil aktuelle Ereignisse das Thema in neuem Licht erscheinen lassen. Das vorliegende Buch von Heike Buchter, einer deutschen Wirtschaftskorrespondentin an der Wall Street, ist ein solches. Die Autorin zeigt, welche Anstrengungen die amerikanische Öl-, Gas- und Kohleindustrie in den letzten Jahren unternommen hat, um das Ende der fossilen Brennstoffe hinauszuzögern, und dies ohne Rücksicht auf Klimaschutz und Umwelt. Ganze Landstriche - so Buchters Befund - würden langfristig zu nicht mehr lebenswerten Industriebrachen. Wie kann die Politik das zulassen? Die Autorin verweist darauf, dass die traumatische Erinnerung der Amerikaner an den Ölschock der 1970er Jahre der entscheidende Auslöser für das Fracking war und den Nährboden für Trumps Fiktion der Energiedominanz bereitete. Amerika sei dank Frackings innerhalb weniger Jahre vom größten Ölimporteur der Welt zum größten Produzenten aufgestiegen. Das Fracking habe ein Ölbeben ausgelöst.
Bis zum Ausbruch der Covid-19-Pandemie und dem drastischen Einbruch der Ölnachfrage schien es so, dass die Fracker recht behalten könnten. Inzwischen hat der Ölpreisverfall die Branche ins Mark getroffen. Das konnte die Autorin bei Niederschrift des Manuskripts nicht vorhersehen. Sie schien jedoch eine dumpfe Vorahnung zu haben. So schreibt sie, dass die hochverschuldeten Fracker mit ihrem stetigen Milliardenbedarf an frischem Kapital verwundbar seien. Diese Verwundbarkeit wird nun offenbar: Es fällt ihnen zunehmend schwer, Kapitalgeber von ihrem Geschäft zu überzeugen. Den Frackern geht das Geld aus, es gibt erste Pleiten. Das Buch bleibt lesenswert, denn die Autorin geht auf die Hintermänner der Driller und deren prominente Finanziers ein. Brisante Zusammenhänge werden offengelegt. Etwa die Verflechtungen zwischen Weißem Haus (nicht erst seit Donald Trump) und den texanischen Ölförderern. Für Buchter ist Trump ein willfähriger und für die erhaltenen Wahlkampfhilfen dankbarer Partner der Milliardäre, die ihr Vermögen mit Öl, Gas und Kohle gemacht haben und befürchten müssen, durch Klimaschutz ausgebremst zu werden. Die Autorin leistet einen wichtigen Beitrag zur Klimadebatte. Man möchte ihr zurufen, in Anbetracht der Umstände bald eine zweite Auflage in Angriff zu nehmen.
ROBERT FIETEN
Heike Buchter: Ölbeben. Wie die USA unsere Existenz gefährden. Campus Verlag, Frankfurt/New York 2019. 304 Seiten. 24,95 Euro.
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