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Officer Pembry ist überrumpelt - in einem rund einhundert Jahre alten Thriller namens "Das Schweigen der Lämmer" soll seine Zukunft eingeschrieben sein. Er soll einem intelligenten Kannibalen namens Hannibal Lecter zum Opfer fallen, wenn dieser aus dem Gefängnis ausbricht. So jedenfalls behauptet es der Beamte Meinleser von der Prospektiven Kriminalpolizei, der alles andere als verrückt zu sein scheint. Pembry muss also, um seinem Schicksal entgehen zu können, zur Lektüre greifen, und das Buch gegen den Strich lesen, um seine Haut zu retten. Giwi Margwelaschwili legt erstmals seit zehn Jahren…mehr

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Produktbeschreibung
Officer Pembry ist überrumpelt - in einem rund einhundert Jahre alten Thriller namens "Das Schweigen der Lämmer" soll seine Zukunft eingeschrieben sein. Er soll einem intelligenten Kannibalen namens Hannibal Lecter zum Opfer fallen, wenn dieser aus dem Gefängnis ausbricht. So jedenfalls behauptet es der Beamte Meinleser von der Prospektiven Kriminalpolizei, der alles andere als verrückt zu sein scheint. Pembry muss also, um seinem Schicksal entgehen zu können, zur Lektüre greifen, und das Buch gegen den Strich lesen, um seine Haut zu retten. Giwi Margwelaschwili legt erstmals seit zehn Jahren wieder einen Roman über die "Lese- Lebenswelt" vor, ein intelligentes Spiel mit Lesewirklichkeiten und der Bedeutung von Lektüre für die Leser und die Gelesenen. "Officer Pembry" ist ein spannender SciFi-Krimi und zugleich literarischer Hochgenuss.

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Autorenporträt
Giwi Margwelaschwili wurde am 14.12.1927 als Sohn georgischer Emigranten in Berlin geboren. Seine Mutter starb, als er vier Jahre alt war. Sein Vater lehrte Philosophie und Orientalistik. 1946 wurde er zusammen mit seinem Sohn vom sowjetischen Geheimdienst NKWD entführt. Der Vater wurde ermordet, Giwi Margwelaschwili in Sachsenhausen interniert, anschließend nach Georgien verschleppt. Dort lehrte er Deutsch. Erst 1987 konnte er nach Deutschland ausreisen. Ihn begleitete eine Unzahl von in der Emigration auf Deutsch geschriebenen Romanen und Erzählungen. Er wohnte bis 2011 in Berlin, seitdem in Tiflis. 1994 erhielt er die deutsche Staatsbürgerschaft und ein Ehrenstipendium des Bundespräsidenten. 1995 erhielt er den "Brandenburgischen Literatur- Ehrenpreis" für sein Gesamtwerk, 2006 die Goethe-Medaille, 2008 das Bundesverdienstkreuz. 2013 erhielt er für sein Gesamtwerk den Italo-Svevo-Preis. Er ist Mitglied des P.E.N, Werke u.a.: "Muzal - ein georgischer Roman", "Das böse Kapitel", "Kapitän Wakusch", "Der ungeworfene Handschuh". 2012 erschien der Roman "Das Lese-Liebeseheglück" als Lizenzausgabe im Gollenstein Verlag, Saarbrücken, der nun im Verbrecher Verlag lieferbar ist. Seit 2007 erscheint eine Werkschau Giwi Margwelaschwilis im Verbrecher Verlag. Zuletzt erschienen darin der Roman "Die Medea von Kolchis in Kolchos" und der Band "Bedeutungswelten. Giwi Margwelaschwili im Gespräch mit Jörg Sundermeier."
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.04.2008

Du bist, was du liest - also niemals allein

Der Reigen der Lämmer: Mit "Officer Pembry" hat der Berliner Partisanenliterat Giwi Margwelaschwili eine mordskluge, ja allzu kluge Allegorie des Lesens verfasst.

In der wildesten Zeit der Postmoderne drehten die Simulakren am Rad. Die totale Implosion schien nahe: alles Semantische erschreckend grundlos, Simulation von Simulationen, als wären in Platos Höhle nach einem Escher-Algorithmus unendlich viele weitere eingeschachtelt. Das war natürlich alles andere als lustig, nämlich der ultimative Sieg der Medienmächte über den Menschen, finsterster Orwell. Am befremdlichsten vielleicht die im Gegenzug ausgebildete partisanische Bereitschaft: eine prontologische Weltsinnzerstörungserwartung.

Dann fegte die "Matrix" mit ihrer radikalen Reduktion überkomplexen Auskennertums auf Sonnenbrillenniveau alle poststrukturalistische Schwermut vom Tapet. Nach der Coolness bekam zuletzt sogar der Humor noch seine Chance: Mit "Stranger Than Fiction" brachte Marc Forster Ende 2006 eine postmoderne Burleske im Geiste Pirandellos in die Kinos: Dem Bundessteuerbehördenangestellten Harold Crick geht darin auf, dass er in Wahrheit eine Romanfigur ist. Verzweifelt kämpft er gegen das tragische Ende des eigenen Plots an.

Die Idee, diese kuscheldekonstruktive Handlung mit der von Steven Spielbergs "Minority Report" kurzzuschließen - der Verfilmung einer Kurzgeschichte über Verbrechensbekämpfung qua Präkognition von Philipp K. Dick aus dem Jahre 1956 -, ist keine schlechte. Der in Berlin lebende, im Jahre 1927 geborene deutsch-georgische Erzähler Giwi Margwelaschwili hat sie in seinem Roman "Officer Pembry" nicht nur umgesetzt, sondern gleich mit einem weiteren Kultroman (und Kultfilm) verschleift: Es handelt sich bei dem Titelhelden um jenen wohlbekannten Wärter, dem Hannibal Lecter ("Bereit, wenn Sie es sind, Doc") im "Schweigen der Lämmer" zuerst die Nase und dann die Lebensgeister wegbeißt.

Margwelaschwilis Buch spielt in der Zukunft. Die schlimmsten postmodernen Befürchtungen haben sich bewahrheitet, allerdings in einer seltsam antiquarisch-bibliothekarischen Variante: Hundert Jahre alte Krimis erweisen sich als Prophezeiungen. Ihre Plots strukturieren die Wirklichkeit. Das ist weniger gruselig, als es klingt, denn auch das FBI hat diesen Dichtung-und-Wahrheit-Nexus längst erkannt und getan, was es immer tut, nämlich eine Sondereinheit gebildet, die "Prospektive Kriminalpolizei". Diese ist äußerst erfolgreich darin, "textlich vorprogrammierten Morden" zuvorzukommen: "Die Kunst der prospektiven Kriminalistik besteht darin, das Drama aus seinem buchthematischen Verlauf zu kippen und ihm einen weniger drastischen Entwicklungsweg zu geben." Radikale Neohermeneutik mithin: Iser, Bloom, Derrida.

Es geht nun darum, die arme Nebenfigur Pembry - besser: deren realweltliche Doublette (innerhalb von Margwelaschwilis Buch, versteht sich) - vor dem vorgeschriebenen Schicksal zu bewahren. Pembry soll deswegen das realweltliche Abbild der Hauptfigur, Hannibal Lecter, dadurch aus dem Konzept und auf andere, vom Text abweichende Ideen bringen, dass er entgegen der Buchhandlung im entscheidenden Moment quasi intertextuell rückgekoppelt selbst im "Schweigen der Lämmer" zu lesen beginnt, den Verbrecher auf diese Weise an sich "heranliest" - und plötzlich die Lektüre abbricht. Der Angreifer möge ohne Drehbuch einfrieren, der Buchfluch weichen.

Der Kommissar, nun doch etwas plump "Meinleser" genannt, erklärt dem einfältigen Polizisten Pembry (und uns!) die Situation allerdings derart oft, dass sich schließlich sogar die Buchfigur selbst zu Wort meldet. Ein surrealer Denkdialog zwischen Meinleser und der gegenlesenden, nämlich die Gedanken ihrer Leser erfassenden Buchfigur Pembry kommt daraufhin zustande. Zwar sei er, so der Buch-Pembry, als Figur völlig determiniert, und mit jeder Lektüre sterbe er erneut (was ihm gewaltig auf die Nerven geht), aber einen Tipp für sein Realpendant hat er doch, der sich am Ende auszahlen wird.

Margwelaschwilis Erzählung liest sich wie eine einzige Ehrenbezeigung für Paul de Man: eine kluge Allegorie des Lesens also, die keineswegs akademisch daherkommt, sondern lebens- oder eben leseweltlich. Wer kennt den Zustand nicht, in dem man sympathische Hauptpersonen nicht in die Radieschen beißen lassen möchte. Nur unterwürfige Leseratten lesen schluchzend weiter. Die Mutigen begehren auf: Wie Hiob mit Gott, wie der Ackermann mit dem Tod verhandelt, so feilscht der kreative Leser mit dem Autor, der schließlich auch nur ein Mensch ist. Wenn alles nicht hilft, bastelt man sich eben selbst seinen Schluss (weil ja ein guter da sein muss, muss, muss).

Der Leser ist eingeladen, mit vorliegender Rezension ähnlich zu verfahren. Indes - zwei schwerwiegende Einwände lassen sich gegen diesen schlauen Kopfkrimi vorbringen: Zum einen ist Margwelaschwili stilistisch auf die Bürokratennase gefallen. Der in Wiederholungen geradezu erstarrende Roman mit seinen Loop um Loop umständlicher werdenden Erklärungen im Polizeisprecherton wirkt in etwa so spannend wie die Evaluation einer Machbarkeitsstudie durch einen subalternen Bundessteuerbehördenangestellten. Auf dem Höhepunkt der Ereignisse klingt das zum Beispiel so: "Ich habe die Unmöglichkeit erwähnt, eine antithematisch gestörte Buchpersonifizierung von ihrer buchthematischen Sinnerfüllung abzubringen." Hinzu kommen begriffliche Betulichkeiten wie "Spitzbube", "Schmöker", "Schießeisen" oder "am anderen Ende der Strippe", die ein Lektor gerne hätte antiauktorial herauslesen dürfen.

Der zweite Einwand ist ein inhaltlicher. Die zunächst charmante Idee einer metathematischen Handlung nämlich strapaziert der Autor so sehr, dass sie mehr und mehr zur Belastung wird, ohne dass man über eine recht seminarhafte Allegorie des Lesens wirklich hinausgelangte. Den Bildbereich selbst dagegen vernachlässigt der Autor: Die mit ihrer Determiniertheit ringenden Figuren gewinnen kein Eigenleben, was natürlich besonders fatal ist, wenn ein Roman das Eigenleben literarischer Figuren zum Thema hat.

Die bis zum Überdruss durchgespielte Schlüsselszene aus dem "Schweigen der Lämmer" endet mit einer Seltsamkeit: Die Buchperson Pembry wirft sich so heftig von innen gegen die Buchwand, dass das Buch dem lesenden Real-Pembry aus der Hand springt. Das könnte dem Realrealleser - so viel zur Metathematik - trotz aller Ausgeklügeltheit der Handlung durchaus auch passieren.

OLIVER JUNGEN

Giwi Margwelaschwili: "Officer Pembry". Roman. Verbrecher Verlag, Berlin 2007. 200 S., geb.,

19,90 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Oliver Jungen staunt nicht schlecht, was sich in Sachen Hermeneutik und Metathematik auf fiktionaler Ebene so alles anstellten lässt. Dass der Berliner "Partisanenliterat" Giwi Margwelaschwili eine mit dem kannibalistischen Tod bedrohte Figur und ein prospektives Polizeidezernat zur Vermeidung literarisch vorprogrammierter Verbrechen ins Leben ruft, findet er großartig. Ebenso des Autors Fähigkeit, die aufgefahrene dekonstruktivistische Masse dem Leser nicht vom Lehrstuhl herunter, sondern "lebensweltlich" zubereitet zu servieren. Als einwandfrei jedoch kann Jungen das Buch nicht empfehlen. Stilistisch nämlich erinnert es den Rezensenten an eine "Machbarkeitsstudie" aus der Bundessteuerbehörde. Inhaltlich kommt es ihm zumindest spanisch vor, dass die Charaktere eines Romans über das Eigenleben literarischer Figuren derart wenig an selbigem zu bieten haben sollten wie in diesem Buch.

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