Wenn das schweizerische Bundesgericht einen Täter des Betruges schuldig spricht, der im Rahmen telefonischer Vermittlungsgespräche durch ein komplexes System von aufeinander abgestimmten Lügen unerfahrene Kunden zu Investitionen bewegt, die ruinöse Kommissionssummen nach sich ziehen, wird diesem Ergebnis zu Recht nichts entgegengehalten. Wie aber verhält es sich, wenn in Finanzfragen erfahrene Personen durch ausserordentliche Gewinnversprechen und ohne jegliche Risikobeteiligung zu einer Darlehensgewährung in der Höhe von einer halben Million Schweizer Franken bewegt werden? Verdienen die Darlehensgeber ggf. auch strafrechtlichen Schutz oder liegt die vordergründige Schadensursache in ihrer zu leichtsinnigen Geschäftspraxis? Ist nicht der Täter, sondern ist - wie der Volksmund zu sagen pflegt - das Opfer "selbst schuld"? Diese Frage trifft den Kern der vorliegenden Arbeit, die sich mit der zurzeit hoch praxisrelevanten Thematik der Opfermitverantwortung beim Betrug befasst. Ausgehend von Überlegungen dogmatischer Art sowie einer umfassenden Analyse der über 120 ergangenen bundesgerichtlichen Urteile wird ein zweistufiges Modell zur Beurteilung der Opfermitverantwortung entwickelt. Die vorliegende Arbeit setzt sich entsprechend nicht nur eingehend mit Theorie und Praxis zur Opfermitverantwortung auseinander, sondern präsentiert darüber hinaus ein Modell für einen systematischen und einheitlichen Umgang mit der Opfermitverantwortung beim Betrug.
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