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Zu welchen eklatanten Fehlschlüssen naturwissenschaftlicher Reduktionismus führen kann, offenbart das von Udo Pollmer herausgebene Buch "Opium fürs Volk". Es klärt über berauschende oder beruhigende Substanzen (Amphetamine, Amine, Alkaloide) auf, die sich in kleinsten Dosen in nahezu allen Nahrungsmitteln verbergen. In den Grenzen ihres Faches ist diese kulinarische Psychopharmakologie durchaus interessant. Wer hätte gedacht, dass sich aus Petersilienöl Ecstasy herstellen lässt? Pollmer und seine Mitautoren meinen allerdings, auf biochemischer Grundlage eine globale Kulturgeschichte der Ernährung entwerfen zu können. Die Grundthese, der Mensch empfinde als wohlschmeckend, was ihm physiologisch behagt, mag unter Berücksichtigung des acquired taste haltbar sein. Doch werden Speisezubereitungen mit dem unbewussten Ziel ausgetüftelt, den Rauschmittelgehalt der Kost zu steigern? Waren die Kämpfe um die Kontrolle der Gewürzhandelsrouten "Drogenkriege"? Selbst innerhalb des Pollmerschen Denksystems sind solche Folgerungen absurd. Die stimmungsaufhellende Potenz des Safrans ist keine Erklärung für dessen hohen Marktwert in Europa, wo die Speisekammer weit billigere Glücklichmacher wie Opiat im Weizen oder Speed in Wurstwaren zur Verfügung stellt. Die Zusammenhänge zwischen Kochtopf, Gaumen und Stoffwechsel dürften komplizierter sein, als Biologisten ahnen. ("Opium fürs Volk". Natürliche Drogen in unserem Essen. Hrsg. von Udo Pollmer. Rowohlt Verlag, Hamburg 2010. 223 S., br., 8,95 [Euro].)
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