Heute beschreiben Historiker ihn als die ‘Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts’. Der Erste Weltkrieg sprengte alle bisher gültigen Kategorien und wurde zum Paradigma der Gewalterfahrung. Aus heutiger Perspektive ist es kaum vorstellbar, dass dieser erste weltumspannende Krieg von vielen Menschen in Europa herbeigesehnt und 1914 mit Euphorie begrüßt wurde. Auch bei den bildenden Künstlern gab es eine breite Strömung, die sich durch den Krieg eine kulturelle Erneuerung versprach und auf den Durchbruch einer neuen, besseren Weltordnung hoffte. Demgemäß meldeten sich viele Künstler freiwillig zum Militärdienst - darunter auch Otto Dix, der es kaum erwarten konnte, an die Front zu kommen. Im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen überlebte er das Inferno fast unversehrt. Erst ein halbes Jahrzehnt nach Kriegsende kehrte Dix sozusagen auf das Schlachtfeld des Krieges zurück, um sich seinen persönlichen Erlebnissen und Erfahrungen zu stellen. Dafür bedurfte er jedoch neuer Ausdrucksformen, die er im Erfassen der Realität und nackten Wirklichkeit fand. In dieser Schaffensphase entstand auch der Radierzyklus ‘Der Krieg’, der in 50 Radierungen ein Panorama der schrecklichen und desolaten Zustände an der Westfront des Ersten Weltkrieges entfaltet und der von den Zeitgenossen als ein wahrhaftiges Abbild der Wirklichkeit begriffen wurde. Mit welchen Strategien Dix hier versucht, Authentizität zu suggerieren, untersucht die vorliegende Arbeit.