Das lange 19. Jahrhundert ist unter anderem geprägt von politischen Umbrüchen. Die Französische Revolution gipfelt in der Verfassung von 1791, der ersten modernen Verfassung Europas, die als Beginn des langen 19. Jahrhunderts gelten kann. Doch bereits 1755, Jahrzehnte vorher, formulierte Pascal Paoli, General und Staatsoberhaupt von Korsika, eine Verfassung für seine Insel. 1729 markierte das Jahr, in dem Korsika begann, sich gegen die genuesische Herrschaft aufzulehnen - es begann ein Unabhängigkeitskampf über fast ein halbes Jahrhundert, dessen Ende durch die französische Besatzung 1769 besiegelt wurde. Höhepunkt der Unabhängigkeitsbestrebungen war die Zeit von 1755 bis 1769, in denen die Genuesen unter Pascal Paoli weitgehend vertrieben wurden und der Versuch, einen funktionierenden Staat zu schaffen, stattfand. Paoli war in seiner Zeit durchaus eine Berühmtheit, ein Held. Paoli und der korsische Kampf um die Unabhängigkeit galten als Symbol für den Kampf um die Freiheit und waren wohl vor allem für die Entwicklungen in Italien nicht unbedeutend. Zweifelsohne war auch die Verfassung von 1755 ein Novum. Jahrzehnte vor den bekannteren modernen Verfassungen von Frankreich und den USA, stellt sie ein ihnen sehr ähnliches Dokument dar, das man fast als moderne Verfassung bezeichnen kann. Das Dokument als solches wurde im Europa seiner Zeit jedoch nicht beachtet. In der bisherigen Forschung wurde die Verfassung Korsikas von 1755 entweder als Factum hingenommen, oder aber gänzlich ignoriert. Nach einer Analyse mit aktuellen Definitionen des Begriffs „Verfassung" in der Forschung sowie dem Vergleich mit den Verfassungen der USA und Frankreichs lässt sich festhalten, dass die korsische Verfassung in großen Teilen mit dem modernen Verfassungsbegriff übereinstimmt. Waren nun Pascal Paoli und die Verfassung von 1755 ein europäisches Leitbild?
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