Daniel Kalla hat mit seinem Roman einen Nerv bei mir getroffen! Die Angst vor der Pest, ist irgendwie eine Urangst, die mich bewegt, berührt und ja, auch ekelt. Was diese brutale Krankheit mit dem menschlichen Körper macht, ist unvorstellbar grausam und das Leid, das hervorgerufen wird auch. Denn
kaum bricht sie aus, beginnt ein schier unaufhaltsames Sterben. Damals, wie heute. Die Vorstellung,…mehrDaniel Kalla hat mit seinem Roman einen Nerv bei mir getroffen! Die Angst vor der Pest, ist irgendwie eine Urangst, die mich bewegt, berührt und ja, auch ekelt. Was diese brutale Krankheit mit dem menschlichen Körper macht, ist unvorstellbar grausam und das Leid, das hervorgerufen wird auch. Denn kaum bricht sie aus, beginnt ein schier unaufhaltsames Sterben. Damals, wie heute. Die Vorstellung, was geschehen könnte, wenn eine ansteckende Krankheit als Pandemie über den Erdball rast, wird gerade eindrucksvoll im realen Leben bewiesen und macht das Buch dadurch für mich noch realistischer. Es muss nicht gerade die Pest sein, Corona reicht auch schon, um das Schlechte im Menschen hervorzubringen. Eindringlich und sehr anschaulich schildert Daniel Kalla, was Angst mit den Menschen macht. Wie Hass geschürt werden kann auf der Suche nach einem Schuldigen. Dabei ist es ganz egal, wie abstrus die Wahnvorstellung sind: Ob Glaube, Hautfarbe oder rosa Elefanten, Hauptsache ein Schuldiger wird benannt - und vernichtet. Grausam!
Aber auch die Alltagshelden hebt er hervor: Die Menschen, die mit kleinen Gesten Großes bewirken und das Leben am Laufen halten.
Doch nicht nur die - unfreiwillige - Aktualität macht das Buch für mich so interessant, sondern vor allem der Schreibstil. Daniel Kalla schreibt flüssig, spannend und sehr temporeich. Trotz des Zusammenspiels vieler Organisationen und Ärzte, driftet er nicht ins Fachchinesische ab, sondern hält die Beschreibungen allgemein und verständlich, so dass es selbst für einen Laien wie mich nachvollziehbar ist.
Lebendig wird das Geschriebene auch durch die immer wieder eingeschobenen Rückblicke des Baders Rafael Pasqua, der während des ersten Pestausbruchs in Genua praktizierte. Ob die Behandlungsmöglichkeiten wirklich so hinterwäldlerisch waren, sei dahin gestellt, denn auch heute sieht es mit einem Heilmittel mau aus. Natürlich ist alles sauberer und die Schmerzmittel effizienter als ein Schluck Alkohol, aber die Hilflosigkeit ist die gleiche geblieben. Erschreckenderweise!
Die Charaktere haben mir sehr gut gefallen und runden die Handlung ab. Im Mittelpunkt steht Dr. Alana Vaughn, die mich mit ihrer direkten, zupackenden Art beeindruckte. Für sie gibt es kein Nein, wenn sie die Menschheit in Gefahr sieht. Sie kämpft, rebelliert und gibt ihr Äußerstes, um zu helfen und zu schützen. Doch trotz dessen bleibt sie bodenständig und sucht ihren Platz in der Welt. In Form von Liebe und Geborgenheit, was ihr bisher verwehrt geblieben ist. Als sie bei diesem Einsatz ihre große Liebe Nico wieder sieht, scheinen die Dämme zu brechen. Trotz oder gerade wegen der Gefahr öffnet Alana ihr Herz. Doch wer wird eintreten und es erobern?
Nico, der mit der Vergangenheit noch nicht abgeschlossen hat, dabei aber eine Zukunft mit einer anderen Frau eingegangen ist?
Oder doch eher der kauzige Leiter der WHO Byron Menke? Ich mag beide Charaktere sehr und finde sie faszinierend. Sehr gut, dass der Autor Platz gelassen hat, für zwischenmenschliche Beziehungen, die in schweren Zeiten so wichtig sind, wie wir gerade alle am eigenen Leib erfahren dürfen.
Mein Fazit
Ein spannendes und sehr aktuelles Buch über die Hilflosigkeit weltweit operierender Organisationen bei einer Pandemie. Nichts für schwache Nerven!