Fritz Hartmann gilt neben Rudolf Schoen als geistiger Vater der 1965 eröffneten Medizinischen Hochschule Hannover (MHH); er war ihr erster gewählter Rektor und der langjährige Direktor ihrer rheumatologischen Abteilung. Er wurde 1988 emeritiert. Seine Kollegen sahen ihn als den "Philosophen unter den Internisten". In lebenslanger Auseinandersetzung mit dem ungeheuren Werk Viktor von Weizsäckers entwickelte er eine ausdrücklich ärztliche Anthropologie in engem Kontakt mit der Neurobiologie und evolutionären Erkenntnistheorie seiner Zeit. Anthropologie war für ihn die Lehre von der umfassenden Natur des Menschen, nicht allein von dessen Biologie, auch nicht von seinem Wesen oder einer verschwommenen Ganzheit. Ärztliche Anthropologie fokussiert auf den Umgang, die Begegnung von Patient und Arzt; sie nimmt den Arzt als Subjekt ernst, das zwischen sachlicher Objektivierung und leidenschaftlicher Resonanz "pendelt". Dem chronisch Kranken (homo patiens) schlägt er als gemeinsames Behandlungsziel ein "bedingtes gelingendes Gesundsein" vor. Bisher fehlte eine Monographie zu diesem hervorragenden Vertreter einer Generation von internistischen Klinikern, die unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg mit ihrer wissenschaftlichen Arbeit begannen. Der Text führt in das Leben Hartmanns und in die Anfänge der MHH ein. Er erläutert die Grundzüge seiner ärztlichen Anthropologie und diskutiert ausführlich deren epistemologischen Status. Er schreibt seiner Anthropologie eine besondere Wissenschaftlichkeit zu, deren Verlust die klinische Medizin um wesentliche Erkenntnismöglichkeiten bringen und in ihrer humanen Substanz gefährden würde. Einen direkten Zugang zum Denken und Schreiben Hartmanns ermöglicht der Abdruck von 14 seiner Texte aus den Jahren 1949 bis 2006. Acht geben bisher unveröffentlichte Vorträge wieder; sechs drucken abgelegene ältere Veröffentlichungen nach.