„Es gibt keinen Bruder John, sondern nur die andere Hälfte von Raels Persönlichkeit“ (172)
Peter Gabriel hat Musikgeschichte geschrieben. Das gilt für seine Zeit als Frontmann bei Genesis und auch für die Zeit danach. Als kreativer Künstler versteht er es, Kunst und Kommerz voneinander zu
trennen. Seine Lebensgeschichte beweist es.
Autor Daryl Easlea gliedert die Biografie in drei Teile. Der…mehr„Es gibt keinen Bruder John, sondern nur die andere Hälfte von Raels Persönlichkeit“ (172)
Peter Gabriel hat Musikgeschichte geschrieben. Das gilt für seine Zeit als Frontmann bei Genesis und auch für die Zeit danach. Als kreativer Künstler versteht er es, Kunst und Kommerz voneinander zu trennen. Seine Lebensgeschichte beweist es.
Autor Daryl Easlea gliedert die Biografie in drei Teile. Der erste Teil beinhaltet die Zeit bei Genesis bis zum „Ausstieg aus der Maschinerie“ 1975, der zweite Teil die Anfangsjahre als Solokünstler („sein anderes Ich“) bis zu seinem erfolgreichen Album „So“ und der dritte Teil die Zeit nach 1986 bis heute, die Zeit der Benefizaktionen.
Das Buch ist umfassend, unterhaltsam und verständlich. Es enthält viel wörtliche Rede, wenngleich der Urheber manchmal schwer erkennbar ist. Der Aufbau erfolgt chronologisch. Ein Stichwortverzeichnis fehlt. Auf 24 Seiten sind Bilder in schwarz/weiß abgedruckt. Der Fokus liegt auf der Musik von Peter Gabriel.
Die Mitglieder von Genesis haben sich auf der Charterhouse School, einer Privatschule, kennen gelernt. Dieser Umstand einschließlich ihrer Zugehörigkeit zur Mittelschicht wird einige Male zu oft erwähnt, auch wenn die anspruchsvollen Texte vieler ihrer Songs hier ihre Wurzeln haben dürften.
Dass Vergleiche mit David Bowie gezogen wurden (112–114), habe ich persönlich nie so wahrgenommen und auch nicht so gesehen. Beide Künstler sind ausgesprochen kreativ aber dennoch hinsichtlich ihrer Musik und Performance unterschiedlich.
Eine Biografie über Peter Gabriel wäre unvollständig ohne die Erwähnung von Rael, der ausgehend vom New Yorker Broadway eine surrealistische Irrfahrt unternimmt, um seinen Bruder John zu finden. „The Lamb Lies Down On Broadway“ bildet den Höhepunkt und auch das Ende der Band Genesis mit Peter Gabriel.
Es gibt viele Theorien über „The Lamb Lies Down On Broadway“ und Raels Pilgerreise. Diese Reise ins Unbewusste, so die Vermutung, spiegelt Gabriels Seelenleben wieder. Es gibt keinen Bruder John, sondern nur die andere Hälfte von Raels [Peters] Persönlichkeit. Gabriels imposante Bühnenpräsenz und seine Verwandlungen fanden mit der Tournee zu „The Lamb Lies Down On Broadway“ ihren Abschluss. Gabriel verließ Genesis 1975.
Nach Aussage des Autors verwandelte sich Gabriel in der Folgezeit „vom abgehobenen, theatralischen Kultstar zum pfiffigen, minimalistischen Popstar“. (227) In meinen Augen ist er ein Kreativkünstler geblieben, mit Musikstücken (z.B. das dritte Soloalbum „Melt“), die irgendwie (erfrischend) anders waren und jenseits des Mainstreams anzusiedeln sind. Dennoch überraschte er die Musikwelt als erstes mit seinem massenkompatiblen Ohrwurm „Solsbury Hill“.
Es entspricht Gabriels künstlerischer Mentalität, nicht weitere Hits der gleichen Art zu produzieren, sondern neuartige Projekte in Angriff zu nehmen. Das tat er auch, und zwar nicht nur in musikalischer Hinsicht. Im dritten Teil der Biografie werden einige Projekte beschrieben, an denen Gabriel beteiligt war. Hierzu gehörten auch Aktionen für die Einhaltung der Menschenrechte.
Daryl Easlea beschreibt die vielen musikalischen und zunehmend politischen Projekte, in die Gabriel eingebunden ist. Gabriel sprach sich gegen den Irak-Krieg aus, war mit Nelson Mandela befreundet und wurde für sein Engagement für die Menschenrechte ausgezeichnet.
Durch das Buch habe ich insbesondere zur Entstehung und Bedeutung der Musik von Genesis und Peter Gabriel eine Menge erfahren. Die Musik steht in dem Buch auch im Mittelpunkt. Mein Bild von Peter Gabriel hat sich durch die Biografie nicht verändert. Er wird präsentiert als der engagierte kreative Künstler, für den ich ihn schon immer gehalten habe. Mehr Licht ins Dunkel kann nur eine Autobiografie bringen.