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Um unsere eigene Zukunft auf der Erde zu sichern, müssen wir uns von den Pflanzen inspirieren lassen. In seinem neuen Buch entwickelt Stefano Mancuso eine revolutionäre Sicht auf die Pflanzenwelt. Denn Pflanzen haben in Jahrmillionen vollkommen andere Überlebensstrategien entwickelt als wir: Wo der Mensch auf zentralisierte, hierarchische Lösungen setzt, handeln Pflanzen flexibel, dezentral und als Gemeinschaft. Sie verbrauchen sehr wenig Energie, überleben unter extremen Bedingungen, lernen aus Erfahrung und haben dabei Tausende Lösungen gefunden, die ganz anders sind als die der uns…mehr

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Produktbeschreibung
Um unsere eigene Zukunft auf der Erde zu sichern, müssen wir uns von den Pflanzen inspirieren lassen. In seinem neuen Buch entwickelt Stefano Mancuso eine revolutionäre Sicht auf die Pflanzenwelt. Denn Pflanzen haben in Jahrmillionen vollkommen andere Überlebensstrategien entwickelt als wir: Wo der Mensch auf zentralisierte, hierarchische Lösungen setzt, handeln Pflanzen flexibel, dezentral und als Gemeinschaft. Sie verbrauchen sehr wenig Energie, überleben unter extremen Bedingungen, lernen aus Erfahrung und haben dabei Tausende Lösungen gefunden, die ganz anders sind als die der uns vertrauteren Tierwelt. Wie die Pflanze Licht einfängt und Energie nutzt, dient schon heute der Architektur als Inspiration; wie das Wurzelgeflecht Informationen aufschließt und verarbeitet, macht es zum Modelleines kollektiven Organismus. Von der Konstruktion neuer Roboter bis zur Organisation von großen Gemeinschaften gibt es keine bessere Inspirationsquelle als die Pflanzen. Die Strategien, mit denen sie ihre Funktionen regeln, sind ein außergewöhnlich effizientes Paradigma für ein nachhaltiges Leben, für eine demokratische Zukunft.

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Autorenporträt
Stefano Mancuso, geb. 1971, international renommierter Pflanzenforscher, ist Professor an der Universität Florenz und leitet das Laboratorio Internazionale di Neurobiologia Vegetale. In Deutschland wurde er mit seinem Buch Die Intelligenz der Pflanzen einem breiten Publikum bekannt. Zuletzt erschien von ihm >Aus Liebe zu den Pflanzen<.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.03.2018

Klug tastet die Wurzel im dunklen Grund

Ohne Neurone geht es doch auch: Stefano Mancuso denkt darüber nach, was wir vom intelligenten Verhalten der Pflanzen lernen können.

Von Thomas Weber

Die in Südamerika beheimatete Kletterpflanze Boquila trifoliolata hielt vor ein paar Jahren eine wirkliche Überraschung für Biologen bereit: Chilenische Wissenschaftler konnten zeigen, dass die Pflanze die Größe, Form, Farbe und Äderung ihrer Blätter an diejenigen ihre Wirtspflanze anpasst. Klettert eine Pflanze über zwei verschiedene Arten hinweg, dann passen sich die Blätter dem jeweiligen Wirt an. Die verblüffende Schlussfolgerung dieses Fundes kann nur sein, dass diese Kletterpflanze auf noch unbekannte Weise Blattformen und -farben registrieren kann.

Erste Anhaltspunkte gibt es bei einigen anderen Pflanzenarten, bei denen Eiweiße nachgewiesen werden konnten, die bei bestimmten einzelligen Organismen für die Detektion von Licht verantwortlich sind. Aber auch andere Reize bleiben Pflanzen allem Anschein nach nicht verschlossen. Die Ackerschmalwand, ein unauffälliges und weit verbreitetes Ackerunkraut, das seit siebzig Jahren einer der wichtigsten Modellorganismen der Genetik ist, kann auf die Kaugeräusche von Schädlingen reagieren und als Reaktion darauf Abwehrstoffe bilden. Und Mimosen können sich erheblich länger als viele Insekten daran erinnern, ob ein Reiz ungefährlich ist oder nicht.

In der Biologie und der Wissenschaftsphilosophie ist zu einer kleinen Modewelle geworden, über den Intelligenzbegriff nachzudenken, ihn in einer evolutionären Perspektive zu deuten und seine Abhängigkeit von der artspezifischen Umwelt zu betonen. Es gibt eine umfangreiche Literatur zur Intelligenz von Schimpansen, Delphinen, Walen oder Kraken, Pflanzen haben aber bisher vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit in dieser Hinsicht gefunden. Über die Intelligenz von Pflanzen zu spekulieren dürfte für viele einfach zu sehr nach esoterischer Spinnerei aussehen. Es häuft sich jedoch, wie auch die gegebenen Beispiele zeigen, in der Biologie zunehmend Evidenz an, dass auch Pflanzen eine spezifische Art von intelligentem Verhalten zeigen können, und zwar eine Intelligenz, die nicht von Nervenzellen oder gar einem zentralen Nervensystem abhängt.

Der italienische Biologe Stefano Mancuso ist einer der wichtigsten wissenschaftlichen Vorreiter der Erforschung der pflanzlichen Intelligenz. In seinem Buch denkt er über Möglichkeiten nach, wie die kognitiven Fähigkeiten von Pflanzen vielleicht für die Lösung technischer Herausforderungen Winke geben können. Für Mancuso bieten Pflanzen einige beachtliche Vorteile gegenüber Tieren als Modelle: Sie sind energetisch sehr nachhaltig, ihre Intelligenz ist nicht in einem zentralen System lokalisiert, und sie sind modular aufgebaut. Pflanzen sind also energieeffizient, robust und sehr anpassungsfähig - aber langsam.

Mancuso stellt seine Idee eines "Plantoiden" vor - eines Roboters, der sich in seiner Funktionsweise an Pflanzen, statt wie Androide an Menschen, orientiert. Obwohl diese Entwicklung noch ganz am Anfang steht, zeigt sich Mancuso überzeugt davon, dass ein solcher Roboter, der sich langsam bewegt und mit seiner verteilten Intelligenz un wurzelähnlichen Instrumenten seine Umgebung erkundet, bei der Bekämpfung von Verseuchungen, bei der Erdölsuche oder in der Raumfahrt eingesetzt werden könnte. In weiteren Kapiteln beschreibt er dann die Mimikry bei Pflanzen, die Bewegungsfähigkeit von Pinienzapfen und Hafergrannen sowie die explodierenden Früchte des gewöhnlichen Reiherschnabels, einer in Mitteleuropa weitverbreiteten Pflanze.

In einem zentralen Kapitel widmet sich Mancuso einem wichtigen Element seines Entwurfs: der durch und durch vernetzten, dezentralen Organisation von Pflanzen. Für Mancuso sind Pflanzen ein Beispiel für Schwarmintelligenz. Zellen, Gewebe oder andere Funktionseinheiten von Pflanzen haben zwar ein äußerst begrenztes, sehr funktionelles Verhaltensund Reaktionsrepertoire. Im selbstorganisierenden Zusammenspiel dieser Komponenten ergeben sich jedoch Verhaltensmuster und Abläufe, die aus menschlicher Sicht "intelligent" genannt werden können.

Viele der Beispiele für Schwarmintelligenz kommen noch aus dem Tierreich, aber Mancuso zeigt, dass beispielsweise auch ein den Boden erkundender Wurzelapparat koordiniert und zielstrebig vorgeht. Auch hier scheut sich der Autor nicht, seine Ideen auf mescnhliche Gesellschaften zu übertragen. Er ist überzeugt davon, dass politische und wirtschaftliche Entscheidungen besser und effektiver von vielen vernetzten, gleichberechtigten Entscheidern als nur von einer kleinen Gruppe getroffen werden.

Mancuso hat sein Buch in einem leicht lesbaren und lockeren Stil geschrieben. Und es dürfte ihm gelingen, viele Leser für seine Idee zu interessieren. Pflanzen als Inspiration für die Zukunft des Menschen zu nutzen mag auf den ersten Blick bizarr erscheinen, doch nach der Lektüre von Mancusos Buch wird man die Vorstellung nicht einfach von der Hand weisen.

Stefano Mancuso: "Pflanzenrevolution". Wie die Pflanzen unsere Zukunft erfinden.

Aus dem Italienischen von Christine Ammann.

Antje Kunstmann Verlag, München 2018.

256 S., geb., 24,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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