Studienarbeit aus dem Jahr 2009 im Fachbereich Politik - Thema: Europäische Union, Note: 1,0, Universität Kassel, Sprache: Deutsch, Abstract: Europäische Politik lässt sich nicht mehr als sektoral beschränkt, von marginaler Bedeutung und geprägt durch nationale Interessen und Akteure bezeichnen. Auf europäischer Ebene wird regiert, es werden kollektiv verbindliche Entscheidungen getroffen, die für alle Bürger Europas von wesentlicher Bedeutung sind. Die neuere Europaforschung beschäftigt sich deshalb nicht mehr vorrangig mit den Ursachen des Integrationsprozesses, sondern vielmehr mit dessen Folgen für das Regieren in der Europäischen Union. Von besonderer Bedeutung sind dabei die Anforderungen und Schwierigkeiten des Regierens in einem komplexen Mehrebenensystem, die mit den Kategorien des Staates oder der Internationalen Beziehungen nicht mehr ausreichend in den Blick genommen werden können. Im Mittelpunkt steht dabei die Handlungs- und Problemlösungsfähigkeit der europäischen Institutionen und Verfahren. Das Mehrebenensystem sowie die Mehrebenenpolitik der EU unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht von der Struktur und Form des Regierens in Bundesstaaten oder dezentralisierten Einheitsstaaten. Bedingt durch eine nur begrenzte Bereitschaft von Nationalstaaten, Souveränitätsrechte abzugeben, werden Kompetenzen oft nur teilweise in Aufgabenbereichen auf europäische Institutionen verlagert, wodurch eine Tendenz zur Kompetenzteilung und - verflechtung entsteht. Ein Mehrebenensystem zeichnet sich demnach durch eine Aufteilung von Kompetenzen und Ressourcen auf unterschiedliche Ebenen aus. Des Weiteren ist Mehrebenenpolitik jenseits des Nationalstaates durch eine stärkere sektorale Fragmentierung und eine wesentlich größere sowie heterogenere Anzahl von Akteuren gekennzeichnet, wodurch Koordinationsschwierigkeiten entstehen. Hinzu kommt, dass politische Prozesse in der Regel nicht auf einer Ebene beschränkt, sondern ebenenüberschreitend stattfinden. Die daraus resultierende Verflechtung politischer Prozesse stellt ein wesentliches Merkmal von Mehrebenenpolitik dar. Der Rechts- und Politikwissenschaftler Fritz W. Scharpf hat 1976 mit Bernd Reissert und Fritz Schnabel die Theorie der Politikverflechtung als ein Modell des deutschen kooperativen Föderalismus entwickelt. Der Begriff der Politikverflechtung bezieht sich dabei auf eine voneinander abhängige Zwei-Ebenen-Entscheidungsstruktur von Bund und Ländern, in der keine der beiden Ebenen ihre Entscheidungen unabhängig treffen kann.