Studienarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Geschichte Europas - Neuzeit, Absolutismus, Industrialisierung, Note: sehr gut (1), Carl von Ossietzky Universität Oldenburg (Institut für Geschichte), Veranstaltung: Zwischen Zentralisierung und Föderalisierung - Verfassungsgeschichte des Habsburger Reichs 1848-1918, Sprache: Deutsch, Abstract: Als das Kronland Galizien im Zuge des österreichisch-ungarischen Ausgleichs von 1867 eine weitgehende Autonomie erlangte, markierte diese den Endzustand eines über zwei Jahrzehnte andauernden Prozesses, in dem sich die Beziehungen zwischen der politischen Führung der Provinz und der Wiener Zentralregierung erheblich gewandelt hatten. Die galizischen konservativen Adligen, die noch während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts das Ziel der polnischen staatlichen Selbstständigkeit auch um den Preis einer Konfrontation mit den habsburgischen Monarchen verfolgt hatten, schwenkten im Laufe der 1860er Jahre auf einen nahezu servilen kaisertreuen Kurs um, durch den sie im Gegenzug von der Regierung Zugeständnisse hinsichtlich einer weitgehenden Selbstverwaltung der Provinz zu erhalten hofften. Mit der Gewährung dieser Konzessionen im Zuge des österreichisch-ungarischen Ausgleichs von 1867 sollten sie schließlich einige ihrer Ziele erreichen und der österreichisch okkupierte Teil Polens von einer ähnlichen Germanisierungs- respektive Russifizierungspolitik verschont bleiben, wie sie in den anderen zwei polnischen Teilungsgebieten vorherrschte. Im ersten Abschnitt dieser Arbeit wird der von Spannungen zwischen dem galizischen Adel und der Wiener Regierung geprägte Zeitabschnitt der Regierungszeit Metternichs geschildert, der seinen gewaltsamen Höhepunkt im Bauernaufstand des Jahres 1846 in Westgalizien fand. Im zweiten Abschnitt wird daran anschließend der Prozess geschildert, in dessen Verlauf die führenden galizischen Konservativen während der Zeit des Neoabsolutismus und der Verfassungsexperimente die Ausrichtung ihrer Politik vollkommen änderten und schließlich die Gewährung der Autonomierechte erlangen sollten. Abschließend werden die Verhandlungen über die Ausgestaltung dieser Autonomie dargestellt sowie diskutiert, worauf der während dieser Zeit entstandene Vergleich Galiziens als ein Polnisches Piemont basiert. Alle drei Abschnitte werden durch Exkurse über die Entwicklungen ergänzt, die sich im behandelten Zeitabschnitt in den Beziehungen der polnischen Bevölkerungsmehrheit zur ruthenischen Minderheit vollzogen. Weiterhin wird im dritten dieser Exkurse der Prozess geschildert, in denen sich die ruthenischen Kleriker, Politiker und Intellektuellen zunehmend nicht mehr als Teil einer großen russischen Nation, sondern als eigenständiges ukrainisches Volk definierten.