Erwin Strittmatter als Pferdeflüsterer.
Endlich steht das Pony im Stall. Ein kleiner, flinker Brandfuchs. Sein neuer Besitzer ist ein Schriftsteller, dem die Stadt zu eng wurde. Denn Pedro sollte es sein, dieses fellbespannte Bündel Energie, das die jahrelang unterdrückte Pferdeleidenschaft des Schriftstellers entzündete. Nun müssen sie sich aneinander gewöhnen, was nichts anderes heißt, als voneinander zu lernen.
Erwin Strittmatter, der sich wie kein zweiter auf Worte und Pferde versteht, "übersetzt" uns Pedros Verhalten: Es geht um Erfahrungen. So vermittelt diese wunderschöne Pferdegeschichte auch die Achtung vor allem Lebenden, eine der tiefsten Wurzeln Strittmatterscher Poesie.
Endlich steht das Pony im Stall. Ein kleiner, flinker Brandfuchs. Sein neuer Besitzer ist ein Schriftsteller, dem die Stadt zu eng wurde. Denn Pedro sollte es sein, dieses fellbespannte Bündel Energie, das die jahrelang unterdrückte Pferdeleidenschaft des Schriftstellers entzündete. Nun müssen sie sich aneinander gewöhnen, was nichts anderes heißt, als voneinander zu lernen.
Erwin Strittmatter, der sich wie kein zweiter auf Worte und Pferde versteht, "übersetzt" uns Pedros Verhalten: Es geht um Erfahrungen. So vermittelt diese wunderschöne Pferdegeschichte auch die Achtung vor allem Lebenden, eine der tiefsten Wurzeln Strittmatterscher Poesie.
Dieser Download kann aus rechtlichen Gründen nur mit Rechnungsadresse in D, A, B, BG, CY, CZ, DK, EW, E, FIN, F, GR, HR, H, IRL, I, LT, L, LR, M, NL, PL, P, R, S, SLO, SK ausgeliefert werden.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.09.2006Das Tor zur Welt
DDR-Kinderbuch-Klassiker werden neu verlegt
Werbend ruft der Verlag Faber & Faber in Leipzig von seinem Flugblatt: „Jedes Kind liest unsere Kinderbuch-Klassiker. Sie sind das Tor zur Welt.” Kinderbücher aus der eingezäunten DDR als Tor zur Welt? Zu welcher denn bloß?
Fast zwanzig ostdeutsche Tageszeitungen unterstützen Faber & Faber bei der Publikation der neuen Reihe, es gibt sogar ganzseitige Aufrufe von Eltern und Großeltern an die Kinder, sie mögen wieder lesen, und zwar jene Bücher, die sie selbst einst innig liebten. Die ersten zwölf ostdeutschen Klassiker erreichen jetzt den Buchmarkt. Ist es ein nur nostalgisches Vorhaben, setzt man nur auf sentimentale Eltern und bringt dafür die pädagogischen Ausflüsse einer Diktatur wieder auf den Markt?
Der erste Band ist von Erwin Strittmatter: „Pedro”, zuerst 1959 im Kinderbuchverlag Berlin erschienen. Als Strittmatter aus der Stadt zurück aufs Land gezogen war, sehnte er sich nach einem Pferd im Stall, wo bislang nur die Ziege wohnte. Wie er ein Pony fand, sich in es verguckte, um es handelte und bangte, es mit der Eisenbahn nach Hause brachte, unterrichtete, es ihm durchging und andere Erlebnisse, notierte er in sein Tagebuch. Später hat er diese Episoden in eine literarische Form gebracht. Hans Baltzer hat länger auf dem Schulzenhof bei Strittmatters gelebt, seine glutvollen schwarzen Tuschezeichnungen bringen den Betrachter ganz dicht an Mensch und Tier, in Stall und Natur. Der Text und die Illustrationen sind keine Hervorbringungen von Künstlern, die der staatlichen Zensur vorauseilten. Es sind bodenständige, manchmal herbe, oft heitere Episoden, beseelt von dem Wunsch, eine Welt zu eröffnen, die nirgends endet, weil sie in uns besteht.
Hinter dieser Reihe stehen zwei Männer, die in ihrer Vergangenheit als Verleger in der DDR diplomatisches Geschick gegen ihre vorgesetzten Behörden bewiesen haben. Der Leipziger Verleger und Herausgeber Elmar Faber (1975 bis 1992 Leiter des Aufbau-Verlages) nennt die sorgfältig ausgesuchten Bücher einen „humanisierenden Bestand”, und sein Herausgeber-Kollege Konrad Reich (von 1959 bis 1977 Leiter des Rostocker Hinstorff-Verlages, wo Ulrich Plenzdorf und Jurek Becker veröffentlichten) bezeichnet sie als „Siege in der DDR-Literatur”. Wodurch unterscheiden sie sich von anderen Kinderbüchern? Vielleicht durch den Reichtum ihrer ironischen Anspielungen, wie es die Katze auf dem Einband des „Großen Benimmbuches” zeigt. Süß lächelnd verwendet eine adrett gewandete blauäugige Katze diesen Schinken, um einen Hund mit Zigarette in den Boden zu rammen. So will niemand erzogen werden, aber auch das DDR-Kind erkannte im üblen Benehmen der Katze manche Erzieherin wieder.
Bücher werden von Erwachsenen geschrieben und illustriert. Es gibt Kinderbücher, die beugen sich herab zu ihren noch kurzen Lesern. Sie quackeln süßlich durch niedliche Masken und strecken schließlich herrisch eine Hand aus ihrem bunten Kostüm, um den arglosen Leser mit sich zu zerren. Und es gibt Kinderbücher, die machen Kniebeuge, damit sie ihren jungen Lesern in die Augen schauen können, sie sind farbig, nicht bunt, und sie reichen ihren Lesern beide Hände. Ausschließlich von letztgenannter Beschaffenheit ist das Dutzend ostdeutscher Kinderbuch-Klassiker, das bis zum 1. Advent in die Buchhandlungen kommt. Die Welt, die den Kindern hier gezeigt wird, ist noch nie untergegangen. Deshalb birgt jedes dieser Bücher in der Tat eine Tür, und zwar zu einem Leben, dessen Zugang dem Volksbildungsministerium und der Freien Deutschen Jugend und den Thälmann-Pionieren von geschickten Autoren, Illustratoren und Verlegern nicht gezeigt wurde.
Bis zum ersten Advent wird die Serie der zwölf Bände auf dem Markt sein, die ersten vier sind soeben erschienen.MARTIN Z. SCHRÖDER
So will niemand erzogen werden: Cover des „Benimmbuchs” aus vergangenen DDR-Tagen.
Abb.: Faber & Faber
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
DDR-Kinderbuch-Klassiker werden neu verlegt
Werbend ruft der Verlag Faber & Faber in Leipzig von seinem Flugblatt: „Jedes Kind liest unsere Kinderbuch-Klassiker. Sie sind das Tor zur Welt.” Kinderbücher aus der eingezäunten DDR als Tor zur Welt? Zu welcher denn bloß?
Fast zwanzig ostdeutsche Tageszeitungen unterstützen Faber & Faber bei der Publikation der neuen Reihe, es gibt sogar ganzseitige Aufrufe von Eltern und Großeltern an die Kinder, sie mögen wieder lesen, und zwar jene Bücher, die sie selbst einst innig liebten. Die ersten zwölf ostdeutschen Klassiker erreichen jetzt den Buchmarkt. Ist es ein nur nostalgisches Vorhaben, setzt man nur auf sentimentale Eltern und bringt dafür die pädagogischen Ausflüsse einer Diktatur wieder auf den Markt?
Der erste Band ist von Erwin Strittmatter: „Pedro”, zuerst 1959 im Kinderbuchverlag Berlin erschienen. Als Strittmatter aus der Stadt zurück aufs Land gezogen war, sehnte er sich nach einem Pferd im Stall, wo bislang nur die Ziege wohnte. Wie er ein Pony fand, sich in es verguckte, um es handelte und bangte, es mit der Eisenbahn nach Hause brachte, unterrichtete, es ihm durchging und andere Erlebnisse, notierte er in sein Tagebuch. Später hat er diese Episoden in eine literarische Form gebracht. Hans Baltzer hat länger auf dem Schulzenhof bei Strittmatters gelebt, seine glutvollen schwarzen Tuschezeichnungen bringen den Betrachter ganz dicht an Mensch und Tier, in Stall und Natur. Der Text und die Illustrationen sind keine Hervorbringungen von Künstlern, die der staatlichen Zensur vorauseilten. Es sind bodenständige, manchmal herbe, oft heitere Episoden, beseelt von dem Wunsch, eine Welt zu eröffnen, die nirgends endet, weil sie in uns besteht.
Hinter dieser Reihe stehen zwei Männer, die in ihrer Vergangenheit als Verleger in der DDR diplomatisches Geschick gegen ihre vorgesetzten Behörden bewiesen haben. Der Leipziger Verleger und Herausgeber Elmar Faber (1975 bis 1992 Leiter des Aufbau-Verlages) nennt die sorgfältig ausgesuchten Bücher einen „humanisierenden Bestand”, und sein Herausgeber-Kollege Konrad Reich (von 1959 bis 1977 Leiter des Rostocker Hinstorff-Verlages, wo Ulrich Plenzdorf und Jurek Becker veröffentlichten) bezeichnet sie als „Siege in der DDR-Literatur”. Wodurch unterscheiden sie sich von anderen Kinderbüchern? Vielleicht durch den Reichtum ihrer ironischen Anspielungen, wie es die Katze auf dem Einband des „Großen Benimmbuches” zeigt. Süß lächelnd verwendet eine adrett gewandete blauäugige Katze diesen Schinken, um einen Hund mit Zigarette in den Boden zu rammen. So will niemand erzogen werden, aber auch das DDR-Kind erkannte im üblen Benehmen der Katze manche Erzieherin wieder.
Bücher werden von Erwachsenen geschrieben und illustriert. Es gibt Kinderbücher, die beugen sich herab zu ihren noch kurzen Lesern. Sie quackeln süßlich durch niedliche Masken und strecken schließlich herrisch eine Hand aus ihrem bunten Kostüm, um den arglosen Leser mit sich zu zerren. Und es gibt Kinderbücher, die machen Kniebeuge, damit sie ihren jungen Lesern in die Augen schauen können, sie sind farbig, nicht bunt, und sie reichen ihren Lesern beide Hände. Ausschließlich von letztgenannter Beschaffenheit ist das Dutzend ostdeutscher Kinderbuch-Klassiker, das bis zum 1. Advent in die Buchhandlungen kommt. Die Welt, die den Kindern hier gezeigt wird, ist noch nie untergegangen. Deshalb birgt jedes dieser Bücher in der Tat eine Tür, und zwar zu einem Leben, dessen Zugang dem Volksbildungsministerium und der Freien Deutschen Jugend und den Thälmann-Pionieren von geschickten Autoren, Illustratoren und Verlegern nicht gezeigt wurde.
Bis zum ersten Advent wird die Serie der zwölf Bände auf dem Markt sein, die ersten vier sind soeben erschienen.MARTIN Z. SCHRÖDER
So will niemand erzogen werden: Cover des „Benimmbuchs” aus vergangenen DDR-Tagen.
Abb.: Faber & Faber
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH