One of the most urgent challenges in African economic development is to devise a strategy for improving statistical capacity. Reliable statistics, including estimates of economic growth rates and per-capita income, are basic to the operation of governments in developing countries and vital to nongovernmental organizations and other entities that provide financial aid to them. Rich countries and international financial institutions such as the World Bank allocate their development resources on the basis of such data. The paucity of accurate statistics is not merely a technical problem; it has a massive impact on the welfare of citizens in developing countries.Where do these statistics originate? How accurate are they? Poor Numbers is the first analysis of the production and use of African economic development statistics. Morten Jerven's research shows how the statistical capacities of sub-Saharan African economies have fallen into disarray. The numbers substantially misstate the actual state of affairs. As a result, scarce resources are misapplied. Development policy does not deliver the benefits expected. Policymakers' attempts to improve the lot of the citizenry are frustrated. Donors have no accurate sense of the impact of the aid they supply. Jerven's findings from sub-Saharan Africa have far-reaching implications for aid and development policy. As Jerven notes, the current catchphrase in the development community is 'evidence-based policy,' and scholars are applying increasingly sophisticated econometric methods-but no statistical techniques can substitute for partial and unreliable data.
Morten Jerven is Assistant Professor in the School for International Studies at Simon Fraser University.
Morten Jerven is Assistant Professor in the School for International Studies at Simon Fraser University.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.07.2013Small Data in Afrika
Was taugen die Statistiken und Zahlen zu ökonomischen Entwicklungen in den Ländern südlich der Sahara? In den meisten Fällen gar nichts. - Diese ernüchternde Antwort gibt der in Kanada lehrende Historiker Morten Jerven in seinem zupackenden Essay zur Produktion und Nutzung von Wirtschaftsdaten in Afrika. Die Nachricht kommt für die meisten Kenner des Kontinents nicht wirklich überraschend. Dass Statistiker in Afrika in einem Narrenhaus leben, wird immer wieder beklagt. Doch die wenig aussagekräftigen Zahlen, argumentiert Jerven, seien zu wichtig, um lediglich über sie zu nörgeln. Er fragt, wie sie produziert und verbreitet werden, und erörtert Möglichkeiten, solidere statistische Grundlagen für Afrika zu schaffen (Morten Jerven: "Poor Numbers". How We Are Misled By African Development Statistics And What To Do About It. Cornell University Press, Ithaca/New York 2013. 201 S., br., 17,40 [Euro]).
Diese Aufgabe erscheint umso dringlicher, als alle zentralen Fragen im Feld der "Entwicklung" um die Messung von Produktion und Konsum von Gütern und Dienstleistungen kreisen und im Bruttoinlandsprodukt (BIP) ihren statistischen Ausdruck finden. Dieser Wert ist Grundlage für weitreichende politische und ökonomische Entscheidungen. Das BIP sollte jedoch nicht als objektive Zahl behandelt werden, sondern als Resultat eines Prozesses, der durch eine Reihe arbiträrer und kontroverser Annahmen geprägt ist. Die Qualität der Zahlen hänge sehr stark vom Zustand der Behörde ab, welche die Statistiken produziert. Und in vielen afrikanischen Staaten seien entsprechende Kapazitäten schwach ausgebildet.
Jerven zeigt, dass zwischen den verschiedenen afrikanischen Ländern große Diskrepanzen in Bezug auf statistische Praktiken herrschen: Das statistische Amt im westafrikanischen Ghana beispielsweise verkündete Ende 2010 plötzlich einen enormen Anstieg des BIP, der das Land gleichsam über Nacht aus der Liga der Länder mit niedrigem Einkommen in die Kategorie der Staaten mit "mittleren Einkommen im unteren Bereich" katapultierte. Der Grund: Über viele Jahre hatten sich statistische Angaben auf das Basisjahr 1993 bezogen, ohne dass neue Daten zu der sich rasch transformierenden Ökonomie Ghanas in der Folge systematisch eingearbeitet wurden.
Auch die Weltbank kocht ihr eigenes statistisches Süppchen. So elegant der Autor das Zahlen-Kuddelmuddel auseinandernimmt, so blass bleiben am Ende seine Rezeptvorschläge. Da Zahlen für die Erforschung und Praxis von "Entwicklung" auch in Zukunft relevant sein werden, empfiehlt er, statistischem Wissen einen zentraleren Platz in der künftigen Entwicklungspolitik zuzuweisen. Jedenfalls müssten für eine bessere statistische Welt in Afrika sowohl internationale Geberorganisationen als auch afrikanische Regierungen umschwenken. Denn Erstere produzierten lieber ihre eigenen Zahlen, als mit nationalen Statistikämtern zu kooperieren. Und Letztere übten gerne politischen Druck auf die finanziell und logistisch schlecht ausgestatteten Datensammler aus.
ANDREAS ECKERT
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Was taugen die Statistiken und Zahlen zu ökonomischen Entwicklungen in den Ländern südlich der Sahara? In den meisten Fällen gar nichts. - Diese ernüchternde Antwort gibt der in Kanada lehrende Historiker Morten Jerven in seinem zupackenden Essay zur Produktion und Nutzung von Wirtschaftsdaten in Afrika. Die Nachricht kommt für die meisten Kenner des Kontinents nicht wirklich überraschend. Dass Statistiker in Afrika in einem Narrenhaus leben, wird immer wieder beklagt. Doch die wenig aussagekräftigen Zahlen, argumentiert Jerven, seien zu wichtig, um lediglich über sie zu nörgeln. Er fragt, wie sie produziert und verbreitet werden, und erörtert Möglichkeiten, solidere statistische Grundlagen für Afrika zu schaffen (Morten Jerven: "Poor Numbers". How We Are Misled By African Development Statistics And What To Do About It. Cornell University Press, Ithaca/New York 2013. 201 S., br., 17,40 [Euro]).
Diese Aufgabe erscheint umso dringlicher, als alle zentralen Fragen im Feld der "Entwicklung" um die Messung von Produktion und Konsum von Gütern und Dienstleistungen kreisen und im Bruttoinlandsprodukt (BIP) ihren statistischen Ausdruck finden. Dieser Wert ist Grundlage für weitreichende politische und ökonomische Entscheidungen. Das BIP sollte jedoch nicht als objektive Zahl behandelt werden, sondern als Resultat eines Prozesses, der durch eine Reihe arbiträrer und kontroverser Annahmen geprägt ist. Die Qualität der Zahlen hänge sehr stark vom Zustand der Behörde ab, welche die Statistiken produziert. Und in vielen afrikanischen Staaten seien entsprechende Kapazitäten schwach ausgebildet.
Jerven zeigt, dass zwischen den verschiedenen afrikanischen Ländern große Diskrepanzen in Bezug auf statistische Praktiken herrschen: Das statistische Amt im westafrikanischen Ghana beispielsweise verkündete Ende 2010 plötzlich einen enormen Anstieg des BIP, der das Land gleichsam über Nacht aus der Liga der Länder mit niedrigem Einkommen in die Kategorie der Staaten mit "mittleren Einkommen im unteren Bereich" katapultierte. Der Grund: Über viele Jahre hatten sich statistische Angaben auf das Basisjahr 1993 bezogen, ohne dass neue Daten zu der sich rasch transformierenden Ökonomie Ghanas in der Folge systematisch eingearbeitet wurden.
Auch die Weltbank kocht ihr eigenes statistisches Süppchen. So elegant der Autor das Zahlen-Kuddelmuddel auseinandernimmt, so blass bleiben am Ende seine Rezeptvorschläge. Da Zahlen für die Erforschung und Praxis von "Entwicklung" auch in Zukunft relevant sein werden, empfiehlt er, statistischem Wissen einen zentraleren Platz in der künftigen Entwicklungspolitik zuzuweisen. Jedenfalls müssten für eine bessere statistische Welt in Afrika sowohl internationale Geberorganisationen als auch afrikanische Regierungen umschwenken. Denn Erstere produzierten lieber ihre eigenen Zahlen, als mit nationalen Statistikämtern zu kooperieren. Und Letztere übten gerne politischen Druck auf die finanziell und logistisch schlecht ausgestatteten Datensammler aus.
ANDREAS ECKERT
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