Dieser Download kann aus rechtlichen Gründen nur mit Rechnungsadresse in A, B, BG, CY, CZ, D, DK, EW, E, FIN, F, GR, HR, H, IRL, I, LT, L, LR, M, NL, PL, P, R, S, SLO, SK ausgeliefert werden.
POPULISMUS. Vom "Gespenst des Populismus" beziehungsweise des "Rechtspopulismus" sprechen diejenigen, die vor einer realen Gefahr warnen wollen. Die nicht ganz zutreffende Gespenster-Metapher verwendet Nikolaus Werz in dem von ihm herausgegebenen Sammelband. In seinem Beitrag "Alte und neue Populisten in Lateinamerika" variiert er dann den (nicht ausdrücklich erwähnten) Staatsdenker Carl Schmitt, der den "Begriff des Politischen" auf die "Unterscheidung von Freund und Feind" reduzierte. So sieht Werz eine Parallele zwischen "dem traditionellen populistischen Diskurs" und den "Freund-Feind-Schemata". Populistische Führungspersönlichkeiten neigten zu der Selbststilisierung nach dem Motto "Ich bin ehrlich, komme aus dem Volk, trete gegen die Korrupten auf und habe starke Feinde". Ebenso bemerkt Hans-Jürgen Puhle in seiner Untersuchung "Zwischen Protest und Politikstil: Populismus, Neo-Populismus und Demokratie" eine starke Akzentuierung des Freund-Feind-Prinzips in den Aussagen der Populisten. Dem "dichotomisch" geprägten "Bild von der Gesellschaft" mit einem "Feindbild", welches "in der Regel sehr konkret, wenn auch nach Umständen wechselnd" ist, entspreche der Glaube an Verschwörungstheorien und die Dominanz von "Anti"-Positionen. So erwiesen sich die Populisten als antibürokratisch, antikorporativ, antielitär, antiinstitutionell, antiliberal, ihre Affekte richteten sich vielfach "gegen die Globalisierung und gegen das Establishment schlechthin". Puhle sieht eine Abhängigkeit von der Philosophie Rousseaus, insbesondere von seinem "Contrat Social" mit der Verfemung von Repräsentation und intermediären Körperschaften, welche angeblich den wahren Volkswillen mediatisieren und verfälschen würden. In Analogie zu der Tatsache, daß aus der Denkschule Rousseaus konservative Romantiker wie linke Jakobiner hervorgegangen waren, können heutige Populisten - wie Puhle schreibt - "konservativ bis reaktionär sein oder progressiv oder beides, sie können bewahren oder reformieren, gelegentlich sogar revolutionieren wollen". Der Verfasser, der zwischen Populismus "als inhaltlich und programmatisch gerichtete Bewegung" und "populistischen Elementen, Techniken, Versatzstücken, Instrumenten und Stilen" unterscheidet, nimmt ein Vordringen des "Populismus als Politikstil" in den stark von elektronischen Medien geprägten "modernen Massendemokratien" wahr. Die Untersuchungen von Puhle und Werz haben großen Aussagewert. Nikolaus Werz (Herausgeber): Populismus. Populisten in Übersee und Europa. Verlag Leske+Budrich. Opladen 2003. 280 Seiten, 19,90 [Euro].
GISELHER SCHMIDT
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
© Perlentaucher Medien GmbH