„Ihr seid die beste Familie der Welt“ – Brigitte Reimanns unveröffentlichte Geschwisterbriefe. Brigitte Reimann wollte immer über ihre Geschwister schreiben. Deren Konflikte, Reibungen, Energie schienen ihr symptomatisch für die junge Generation, die sich in den 60er Jahren aufmachte, ihre Ideale umzusetzen. Weil kaum jemand damals Telefon hatte, gingen Briefe zwischen Rostock, Hoyerswerda und Hamburg hin und her: Ermutigungen, Beichten, „Weiberkram“. Besonders mit Lutz, der in den Westen geflohen war, stritt sie erbittert über Politik. Am Ende ihres Lebens, als sie sich ironisch als „schwarzes Schaf“ der Familie sah – kinderlos, krebskrank, der Roman unvollendet –, waren es die Geschwister, die ihr Mut machten. Nun fügen sich die Briefe der Brüder und Schwestern zu einem deutsch-deutschen Familienroman, in dessen Zentrum eine außergewöhnliche Schriftstellerin steht.
buecher-magazin.deBrigitte Reimann, die 1973 mit 39 Jahren starb, hatte in der DDR schon mit Anfang 20 als Autorin Erfolg. Daher brauchte sie nie etwas anderes zu tun, als zu schreiben und noch mehr zu schreiben. Das tat sie ihr Leben lang wie eine Besessene: Sie verfasste Erzählungen, Romane, Hörspiele, Drehbücher, schrieb ausführlich Tagebuch - und eine Unmenge von Briefen an Familie, Freundinnen und Bekannte. Der Aufbau Verlag hat nun eine Briefsammlung herausgegeben, die Brigitte Reimanns Beziehung zu ihren drei Geschwistern beleuchtet. Ihr Bruder Ludwig stand Brigitte am nächsten. Es traf sie sehr, als er in den Westen ging. Harte ideologische Auseinandersetzungen prägen die Briefe von Brigitte und Ludwig in den frühen Jahren, große geschwisterliche Innigkeit jene der letzten. Die Briefe an Ulrich und Dorothea enthalten weniger Persönliches; mit der Schwester wird aber eine Menge "Weiberkram" besprochen. Vater Reimann wiederum verfasste regelmäßig einen "Familienrundschrieb", den alle vier Kinder erhielten. - Brigitte Reimanns scheiternden Ehen, die psychischen Krisen, die Krankenhausaufenthalte, sind in diesen Dokumenten zwar präsent, werden jedoch, außer in den späten Briefen an Ludwig, von der Autorin mit Munterkeit heruntergespielt. Es ist herzzerreißend und großartig gleichermaßen.
© BÜCHERmagazin, Katharina Granzin (kgr)
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Perlentaucher-Notiz zur WELT-Rezension
Rezensent Michael Pilz lernt die Brigitte Reimann hinter der DDR-Schriftstellerin kennen in dieser zum 85. Geburtstag der Autorin von Reimanns Archivarinnen herausgegebenen Familien-Korrespondenz. Von Alltagssorgen, Wohnungsnot und Systemkritik liest der Kritiker ebenso wie von Reimanns zunehmendem Leid an dem von ihr geliebten Land. Und doch ist das titelgebende "schwarze Schaf" nicht Reimann, sondern ihr Bruder Ludwig, der bereits 1960 nach Hamburg ausreiste, seine Schwester mit Jazzplatten und Eau-de-Cologne versorgte, aber auch an harscher Kritik nicht sparte, informiert der Rezensent, der das Buch mit Gewinn gelesen hat.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Die Briefe geben Auskunft über eine starke, leidenschaftliche und leidende Künstlerpersönlichkeit. Und natürlich ist der Band wieder ein Stück DDR-Alltags- und Familiengeschichte. Und damit ein interessantes Zeitdokument.« Deutschlandfunk 20180719