Die Untersuchung geht von der unstrittigen Beobachtung aus, daß Sprecherinnen und Sprecher z.T. hartnäckig und entgegen "besserer" Einsicht auf problematischen Annahmen über Sprache und Kommunikation bestehen. Für das besondere Profil sprachbezogener Common sense-Annahmen wird folgende Erklärung angeboten: Das reflektierte Wissen über Sprache (secondary reasonings, "falsches Sprachbewußtsein") resultiert nicht in erster Linie aus sprachmagischen Vorstellungen oder aus Bildungsdefiziten der Sprachteilhaber, sondern aus wiederkehrenden Reflexionsanforderungen, denen sie in ihrer Kommunikationspraxis ausgesetzt sind. In der Mikroanalyse von authentischen Gesprächen wird deutlich, daß das praktische Reflexionspotential bei der Überwindung typischer Differenzerfahrungen erworben wird. Die Common sense-Annahmen der Sprecher weichen also nicht zufällig oder chaotisch, sondern erwartbar und systematisch von linguistischen Erkenntnissen über die Sprache ab.
Schwerpunkte der Analyse liegen in drei Bereichen: 1. Standardsituationen der Alltagskommunikation (z.B. Grußsequenzen, Mutter-Kind-Interaktion), 2. Sprachunterricht (Grammatikunterricht, Rollenspiel), 3. Ost-Westkommunikation (Tagungsgespräche, Talkshows). Als Ansatz zu einer theoretischen und empirischen Erklärung einer kulturspezifischen "Reflexionsbiographie" dürfte die Arbeit vor allem für Studenten, Lehrer und Hochschullehrer interessant sein.
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