Cover
Das lustig arrangierte Cover samt Titel hat mich sofort angesprochen. Die Pommesgabel mit Ketschuprest in Kombination mit dem bunten Imbiss am unteren Bildrand ist einfach klasse.
Meinung
Was ist eigentlich eine Krimi-Groteske? Das habe ich mich sofort gefragt und war dementsprechend sehr
neugierig, wie das Buch aufgebaut sein würde. Schon die Art der Textgestaltung ist ungewöhnlich.…mehrCover
Das lustig arrangierte Cover samt Titel hat mich sofort angesprochen. Die Pommesgabel mit Ketschuprest in Kombination mit dem bunten Imbiss am unteren Bildrand ist einfach klasse.
Meinung
Was ist eigentlich eine Krimi-Groteske? Das habe ich mich sofort gefragt und war dementsprechend sehr neugierig, wie das Buch aufgebaut sein würde. Schon die Art der Textgestaltung ist ungewöhnlich. "Praterglück" ist eine Ansammlung aus kleinen Notizen, die auf Lieferscheine, Ringbuchseiten eines Blocks, in E-Mail-Form oder als SMS hinterlassen wurden - sehr originell und daher erfrischend anders. Auch die Sprache ist alles andere außer gewöhnlich. Sie ist direkt, frech und vor allem ein Dialektfeuerwerk; die Mischung aus Wiener Schmäh und Berliner Schnauze gefallen mir sehr. Und die Handlung ist dementsprechend mehr als skurril, was aber zum Genre passt. Zwei Halbbrüder, die sich auf den Tod nicht leiden können, eröffnen ein Gag- und Schimpffeuerwerk der Extraklasse. Beide Charaktere, sowohl der Berliner Paul als auch der Wiener Balthasar sind gescheiterte Existenzen, die straff auf die fünfzig zugehen. Paul hatte in Berlin als Werbetexter für Baumarktkataloge gearbeitet, bevor er das Angebot seiner Tante Herta annahm, zusammen mit seinen Bruder im Praterglück zu arbeiten. Er, der intellektuelle Kopf mit Musikgeschmack, und sein Bruder, der grobschlächtige Kompagnon mit krimineller Vergangenheit, geraten nach dem Mord an einem Transnistrier nicht nur ins Visier der Polizei, sondern auch das der transnistrischen Landsleute. Dabei haben sie den weitläufigen Onkel der attraktiven Putzfrau Andjelina gar nicht umgebracht. Vielmehr ersinnen sie täglich neue Pläne, wie sie ihre Tante, die 50% der Einnahmen aus dem Bratgeschäft fordert, zur Strecke bringen können.
Insgesamt ist diese Story mehr humoristische Plänkelei als Krimi, was mich aber nicht gestört hat. Ganz im Gegenteil ich habe mich sehr über die erheiternde Kommunikation zwischen den Brüdern amüsiert. Gott sei Dank gab es für alle Dialektunkundigen ein deutsch-österreichisches Glossar am Ende des Buchs. Hier findet man neben verschiedenen Bezeichnungen für Wurst eine Menge Schimpfwörter ;-)
Hier noch ein Zitat zur Einstimmung auf die Lektüre:
"Ein Revolutionär der urbanen Grillkunst!" - dass ich nicht lache. Du bist weder Revolutionär noch Künstler - nie gewesen. Du bist ein dumpfer, übergewichtiger Wiener Proll mit Vorarlberger Wurzeln, also noch schlimmer als ein echter Wiener (daher dein Geiz und deine Humorlosigkeit). Ich dagegen bin (eigentlich) ein Schöngeist. Immerhin habe ich in Berlin mal studiert (wenn auch nie zu Ende, aber das teile ich mich mit vielen sehr erfolgreichen Menschen), war literarisch (wenn auch vorübergehend) tätig, habe mir einen exzellenten Musikgeschmack über die Jahre angeeignet und kann drei Gedichte von Benn un eines von Hölderlin auswendig rezitieren."
Fazit
Ein neues, ungewöhnliches Genre mit hohem Spaßfaktor. Hier bleibt kein Auge trocken. Bilaterale Schimpftiraden zum Niederknien.
Dafür gibt's von mir 5 wohlverdiente Sterne.