Zwischenprüfungsarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Kunst - Architektur, Baugeschichte, Denkmalpflege, Note: 1,3, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen (Lehrstuhl für Baugeschichte und Denkmalpflege), Sprache: Deutsch, Abstract: Der Mittelrhein ist eine der beliebtesten Kultur- und Tourismusregionen in Mitteleuropa, jedes Jahr drängeln sich tausende Besucher aus dem In- und Ausland durch die engen Gassen der kleinen Winzerorte mit ihren Fachwerkhäusern und Stadtmauern, besichtigen die prächtigen und bilderbuchhaften Burgen und Schlösser auf den felsigen Höhen und wohl jedes Kind kennt die Sage der hübschen Loreley auf gleichnamigem Felsen. Vermutlich ist nur wenigen Touristen bewusst, dass gerade diese Kulturlandschaft des zerklüfteten Rheintales wie kaum eine andere ihren Charakter einem großen Umgestaltungsprogramm seit Anfang des 19. Jh. zu verdanken hat. Natürlich ist gerade das Rheinland als ehemalige römische Provinz und durch ihre wechselhafte Geschichte im Mittelalter mit historischen Überbleibseln reichhaltig übersäht, jedoch versah das neuzeitliche Phänomen der Rheinromantik dieses Erbe mit einer ganz besonderen Fassade. Das Rheinland, vor allem Rhein- und Moseltal, erreichte eine neue Art von Besucherstrom. Reisende aus verschiedenen Ländern bestaunten die wilde Natur- und Kulturkulisse. Felsengebilde, Ruinen und mystische Orte waren die Attraktionen. Da verwundert es nicht, wenn es kurz darauf unter den Wohlhabenden oder den Regierenden Mode wurde, eine Ruine zu besitzen; besser noch, sie wie zu vermeintlich alten Zeiten wiederherzustellen, also aus den Trümmern eine ideale Ritterburg zu schaffen, und zu bewohnen. Vergleicht man die damaligen zahlreichen Um- und Ausbauten der Burgruinen, die historistischen Neubauten von Villen und Kirchen, die Schaffung künstlicher Ruinen, die Parklandschaften, Denkmäler und scheinbar mittelalterlichen Stadtkulissen mit heutigen Maßstäben, so könnte man provokanterweise von einem Disneyland des 19. Jahrhunderts sprechen. Gerade was den Mittelrhein angeht, ist dies sogar aus relativ aktuellem Anlass nachvollziehbar. Auf der japanischen Pazifikinsel Okinawa steht seit wenigen Jahren eine perfekte Kopie der Marksburg. Zwischen Palmen leuchtet diese in einem weißen Anstrich und ist die Hauptattraktion des „German Village“, eine durch deutsche Schiffbrüchige gegründete Siedlung. Auch hier ist ein durch den Tourismus und bestimmte Vorstellungen vom Rheinland geprägtes Ideal entstanden.