Studienarbeit aus dem Jahr 2014 im Fachbereich Germanistik - Linguistik, Note: 1,7, Ruhr-Universität Bochum (Germanistisches Institut), Veranstaltung: HS Spracharbeit, Sprache: Deutsch, Abstract: Wer sich neben der deutschen auch mit fremden Sprachen und ihren Orthographien, Transkriptionen und Transliterationen beschäftigt, stößt immer wieder auf interessante Zweifelsfälle und kreative Lösungen, etwa wenn man entdeckt, dass im Ungarischen, der Buchstabe nicht – wie man es aus den allermeisten anderen Sprachen kennt – für den Laut [s] steht, sondern für [∫]. Diese Unterschiede in der Buchstaben-Laut-Zuordnung haben alle eine gemeinsame Ursache: Übernimmt ein Benutzer einer Sprache die Schrift einer anderen Sprache, wird er höchstwahrscheinlich vor dem Problem stehen, dass das Phoneminventar seiner Sprache ein anderes ist als das, für das die Schrift konzipiert wurde (das gilt auch für Sprachen im diachronen Wandel), ergo muss er sich was einfallen lassen, seine Texte gleichzeitig so eindeutig wie lesbar zu gestalten. Die Ergebnisse, zu denen die über Schrift verfügenden Sprachen gekommen sind, sind erstaunlich vielfältig und Zeugnisse jahrhundertelanger kreativer und normativer Spracharbeit. Um diese Vielfalt herauszustellen, wird diese Arbeit früheste Texte nicht nur der deutschen, sondern auch der polnischen Sprache untersuchen. Die Frage ist, welche Lösungen die Schreiber für das Problem gefunden haben, die dem Lateinischen fremden Laute [v] bzw. [w] (je nachdem ob man von klassischem oder Mittellatein spricht) mit Hilfe des lateinischen Alphabets schriftlich zu fixieren. Da schon in lateinischen Texten und austauschbar waren und beide für /u/ wie auch für /v/ stehen konnten, muss auch /u/ in die Untersuchung miteinbezogen werden. Da das heutige deutsche für /f/ wie auch für /v/ stehen kann, ergibt sich ebenfalls ein Interesse an der frühen Verschriftlichungsform des Phonems /f/. Darüber hinaus wird an den deutschen Quellen noch kurz auf weitere aufschlussreiche oder auch rätselhafte Besonderheiten eingegangen. Als Quellen dienen in beiden Sprachen jeweils zwei zu den ältesten zählenden erhaltenen zusammenhängenden Texte: Das Hildebrandslied und das Wessobrunner Gebet für das Althochdeutsche (beide erste Hälfte des 9. Jh.) sowie die Predigten vom Heiligen Kreuz (Kazania Świętokrzyskie) für das Altpolnische (um 1300). Der dreisprachige Florianer Psalter (lateinisch, polnisch, deutsch) zeigt zudem, ob einzelsprachlicher Graphie-Usus beim mittelalterlichen Schreiben eine Rolle spielten oder der Usus des Schreibers über die Schreibung entschied.