Welcher Anleger möchte nicht schon heute wissen, welche Aktientitel morgen erfolgreich sind? Gibt es Faktoren, die bei allen Highperformern vorhanden sind? Steffen Binden hat in seinem Buch "Professionelle Anlagestrategien für die Börse" einen auf den ersten Blick überzeugenden Ansatz gefunden.
In einem ersten Schritt hat er auf Basis frei zugänglicher Daten die langfristige Performance von 40…mehrWelcher Anleger möchte nicht schon heute wissen, welche Aktientitel morgen erfolgreich sind? Gibt es Faktoren, die bei allen Highperformern vorhanden sind? Steffen Binden hat in seinem Buch "Professionelle Anlagestrategien für die Börse" einen auf den ersten Blick überzeugenden Ansatz gefunden.
In einem ersten Schritt hat er auf Basis frei zugänglicher Daten die langfristige Performance von 40 deutschen Unternehmen am Aktienmarkt (DAX/MDAX) seit 1990 analysiert. Dabei haben sich erhebliche Unterschiede aufgetan: Aus 1.000 Euro anlegt in SAP wurden Ende 2020 140.571 Euro, während die gleichen 1.000 Euro bei Commerzbank-Aktien nur noch 185 Euro wert waren. Soweit keine große Überraschung.
Im zweiten Schritt hat Binder dann ein Ranking mit der prozentualen Gesamtrendite der einzelnen Aktien sowie ein weiteres mit dem absoluten Wertgewinn erstellt und dieses Ranking gegen verschiedene Kennzahlen wie Umsatz, Umsatzwachstum, Marge, Dividende etc. statistisch getestet, um ihren Einfluss auf die Performance der Aktien zu ermitteln. Auch nicht-finanzielle Variablen wie z. B. Branche, Zahl der CEO-Wechsel oder Skandale waren dabei. Insgesamt flossen 30 Faktoren in seine statistische Analyse ein und Binder ist anschließend verschiedensten Fragestellungen nachgegangen: Haben Aktien mit hoher Schwankung (also hohem Risiko) auch eine hohe Rendite? Gibt es Unternehmen, die ihren Erfolg phasenweise oder über die Jahrzehnte eine recht konstante Rendite erzielen? Gibt es fundamentale Faktoren, die im Zusammenhang mit erfolgreicher Performance stehen?
Nach Binder haben Ankeraktionäre (Anteil > 25 %) einen sehr hohen positiven Einfluss, während eine hohe staatliche Regulierungsintensität genau das Gegenteil bewirkt. Er deckt aber noch weitere Einfluss- und Nichteinflussfaktoren auf.
Der Researchspezialist hat so allgemeingültige Erfolgsfaktoren mit Hilfe statistischer Methoden und qualifizierter Analysen identifiziert. Er weist aber darauf hin, dass sich seine Aussagen auf langfristige Zeiträume beziehen, denn die Untersuchungen haben auch gezeigt, dass bei den meisten Unternehmen die Performance der Aktie nicht stabil erfolgt, die Rendite häufig springt und Rückschläge jahrelang anhalten können.
Binder hat nur 40 deutsche Unternehmen aus dem DAX und MDAX in seine Untersuchungen einbezogen, und dies auch nur für die letzten 30 Jahre. Statistisch ist das eine sehr kleine Grundgesamtheit, um daraus allgemeingültige Schlüsse zu ziehen und das Jahr 1990 setzt auch kurz nach dem Börsencrash von 1987 an, wodurch die spätere Erholung, die sich sehr lange hinzog, komplett mitgenommen wird. Es gibt noch weitere Randbedingungen, die den Datensatz verzerren („Bias“) und daher halte ich es für fragwürdig, ob diese Analyse statistisch sinnvoll ist, um allgemeingültige Erfolgsfaktoren zu bestimmen. Die Verwerfungen in 2022 (Zeitwende: Ukraine-Krieg, Inflation, Lieferkettenstörungen...) finden ebenfalls noch keine Berücksichtigung und da es keine vergleichbaren Präzedenzen im Analysezeitraum gab, lassen sich die Ergebnisse auch nicht einfach übertragen. Dennoch halte ich die Idee für interessant und die Einflussfaktoren wirken wahrscheinlich unterschwellig weiter, auch wenn sie vielleicht an Bedeutung gegenüber anderen Marktfaktoren verlieren. Leider werden die Rohdaten nicht zum Download bereitgestellt, damit man auch eigene Auswertungen machen und die Angaben überprüfen kann. Interessant fand ich die Fallbeispiele der erfolgreichsten und der erfolglosesten Unternehmen, die zeigen, worauf Anleger ein besonderes Augenmerk haben sollten.
Mit den genannten Einschränkungen ist die Analyse für Privatanleger geeignet, die neben ETF-Investitionen auch auf Einzeltitel setzen möchten.
(Dieses Buch wurde mir vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)