Konventionelle Softwareentwicklung mit starren Vorgehensmodellen wie dem V-Modell gilt als aufwändig, bürokratisch und wenig flexibel gegenüber Änderungen. Kein Wunder also, dass sich vor über 20 Jahren namhafte Entwickler aus Frustration zusammenfanden und die Softwareentwicklung revolutionierten:
Menschen sind wichtiger als Prozesse und Werkzeuge, eine funktionierende Software zählt mehr als…mehrKonventionelle Softwareentwicklung mit starren Vorgehensmodellen wie dem V-Modell gilt als aufwändig, bürokratisch und wenig flexibel gegenüber Änderungen. Kein Wunder also, dass sich vor über 20 Jahren namhafte Entwickler aus Frustration zusammenfanden und die Softwareentwicklung revolutionierten: Menschen sind wichtiger als Prozesse und Werkzeuge, eine funktionierende Software zählt mehr als eine umfangreiche Dokumentation, die Zusammenarbeit mit dem Kunden ist wichtiger als Vertragsverhandlungen und vor allem das Eingehen auf Veränderungen hat Vorrang vor dem starren Festhalten am Projektplan. Diese Flexibilität und Anpassungsfähigkeit wirkt sich auch auf das Projektmanagement aus - es muss ebenfalls beweglich werden.
Während sich Mario Neumann im ersten Band der Projektsafari auf das klassische Projektmanagement konzentrierte, stellt er in diesem Band die Arbeitsmethoden vor und beschreibt die Unterschiede zum traditionellen Vorgehen. Dabei steht er der sogenannten „agilen“ Arbeitsweise (wie auch ich) durchaus kritisch gegenüber, da sie nicht für alle Projekte geeignet ist. Auch mit agilen Ansätzen lassen sich nicht alle Herausforderungen des Projektalltags lösen. Agile Frameworks mögen vereinfachte Vorgehensweisen hervorgebracht haben, aber sie vereinfachen nicht die Herausforderungen, die in jedem Projekt stecken. Im Projektmanagement haben beide Methoden ihre Berechtigung und man sollte je nach Bedarf und Fall unterscheiden und die jeweils sinnvollste Variante einsetzen. Neumann rät: „Vermeiden Sie es also, sich im Paradigmen-Streit blindlings auf eine der beiden Seiten zu schlagen!“.
Neben der Beschreibung spezieller Methoden wie Scrums geht Neumann auch auf viele mögliche Fehlerquellen aus der Praxis ein, die in Projekten immensen Schaden anrichten können. So ist es nicht sinnvoll, das gesamte Projekt im Voraus zu planen und ein Pflichtenheft zu erstellen, wie es im klassischen Projektmanagement erforderlich ist. Agilität bedeutet eben nicht, dass die Anforderungen von Anfang an perfekt sein müssen. Wollte man das gesamte Projekt im Voraus planen, müsste man viele Annahmen und Bedingungen festlegen und liefe damit Gefahr, dass Annahmen falsch sind und das Produkt am Ende wichtige Kundenbedürfnisse ignoriert. Genauso falsch ist es jedoch, auf jegliche Planung zu verzichten und einfach loszulegen.
Methodisch ist sich Neumann treu geblieben. Um die Themen aus einem anderen Blickwinkel zu beleuchten, nutzt Autor einen stilistischen Trick: Im fiktiven Tagebuch des Projektleiters "Tom" werden dessen persönlichen (subjektiven) Erfahrungen festgehalten. Auch ich führe in Projekten ein Tagebuch und kann dies nur zur Nachahmung empfehlen.
Neben dem ungewöhnlichen Querformat des Buches fällt vor allem die sehr strukturierte Darstellung auf. Jedem Abschnitt ist eine bestimmte Farbe zugeordnet. Alle Überschriften, Tabellen und Grafiken sind in dieser Farbe gehalten. So fällt die Orientierung im Buch schon nach kurzer Zeit sehr leicht und lässt das Fehlen eines Stichwortverzeichnisses verschmerzen.
Mario Neumann ist mit seiner Safari in die Welt des agilen Projektmanagements ein ausgewogenes und didaktisch gut aufbereitetes Handbuch gelungen, das sich sowohl für Einsteiger als auch für Umsteiger richtet. Neumann lädt Verfechter des klassischen und agilen Projektmanagements ein, über den Tellerrand zu schauen und eigene Positionen zu hinterfragen.
Ein kluges Buch in einer durchdachten und anregenden Aufmachung.
(Dieses Buch wurde mir vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)