Zum Anfang fiel es mir ein wenig schwer, in die Geschichte hineinzufinden, da ich mich nicht nur mit unheimlich vielen Informationen, Handlungen und fremdklingenden Namen konfrontiert sah, sondern zunächst parallel dazu natürlich auch versucht habe, die komplexe Welt der Protagonisten zu verstehen.
Inhaltlich hatte ich ab und das Gefühl ein wenig in den High Fantasy-Bereich abzudriften und die…mehrZum Anfang fiel es mir ein wenig schwer, in die Geschichte hineinzufinden, da ich mich nicht nur mit unheimlich vielen Informationen, Handlungen und fremdklingenden Namen konfrontiert sah, sondern zunächst parallel dazu natürlich auch versucht habe, die komplexe Welt der Protagonisten zu verstehen. Inhaltlich hatte ich ab und das Gefühl ein wenig in den High Fantasy-Bereich abzudriften und die actiongeladene Handlung in der ersten Hälfte des Buches ließ mich zwischendurch gar nicht richtig zu Atem kommen. Doch der flüssige Schreibstil der Autorin trieb mich stetig voran, so dass ich mich spätestens ab der zweiten Hälfte des Buches gefesselt fühlte und die Lektüre auch nicht mehr unterbrechen mochte.
Auch zu den Charakteren habe ich erst allmählich Zugang gefunden, aber besonders Ken war mir ausgesprochen sympathisch, so dass ich sein Schicksal mit Bangen verfolgt habe. Aufgewachsen in einem sogenannten schwierigen Elternhaus, in dem der Vater regelmäßig alle anderen windelweich prügelt, der ältere Bruder zu dessen Kopie mutiert und vor Verbrechen keinen Halt macht, und die Mutter sich scheinbar regelmäßig in eine Fantasiewelt flüchtet, hat es Ken im Alltag nicht leicht. Seine Mitmenschen haben ihn bereits als Kind in die ihm zugedachte Schublade gestopft und insbesondere in der Schule hat er es sehr schwer. Als angeblicher "bad boy" stellt ihm Julie, die High School Queen und Zicke vom Dienst, vergeblich nach und die Direktorin möchte ihn lieber heute als morgen von der Schule werfen. Einzig ein Lehrer glaubt an Ken und bereitet ihn auf ein mögiches Stipendium am College vor. Ein Verbrechen seines Bruders und eine fiese Falschaussage von Julie drohen seine Bemühungen zunichte zu machen, als sich plötzlich ungeahnte Möglichkeiten in fremden Welten für Ken auftun.
Marielle ist die Tochter und Erbin des Königs von Tír na Mórí und soll aufgrund von Rissen im Gewebe ihrer Welt zeitnah mit Newan, dem Enkel der Königin von Tír na Avalâín vermählt werden. Ein gemeinsamer Erbe der beiden Licht- und Nebel-Fayeí gilt als einziges Mittel zur Rettung ihrer Welt. Doch Marielle ist jung, ungestüm und gewöhnt ihren kleinen Kopf durchzusetzen und büxt ohne Berücksichtigung der Folgen aus. Hier kommt ihr ihr ungewöhnliches Talent zu Hilfe, mit dem sie Tore in fremde Welten errichten kann. Auf diese Weise landet sie auch in Kens Welt. Doch ihr Lehrer Santino ist ihr bereits auf den Fersen. Leider hat es Marielle noch nicht gelernt, Rücksicht auf andere Menschen zu nehmen und zu versuchen, hinter deren Beweggründe und Gefühle zu schauen. Das lässt sie zwar unterhaltsam, aber leider nicht so sympathisch erscheinen, wie ich es mir für sie erhofft habe. Doch Ansätze einer Entwicklung ihres Charakters sind durchaus spürbar und diesbezüglich hoffe ich sehr auf eine Fortsetzung der Geschichte.
Besonder gut gefallen hat mir auch die vorwitzige und besserwisserische Purpurkatze "Nessa", die Marielle beratend zur Seite steht. Sie kann sich in Gedanken mit den Menschen unterhalten und steuert immer wieder einmal bissige Kommentare bei, die die Handlung angenehm auflockerten.
"Purpurdämmern" ist ein atmosphärisch dicht geschriebener Jugendfantasyroman, der vor allem in der zweiten Hälfte spannend und fesselnd ist. Die Geschichte profitiert nicht nur von dem sicheren und gekonnten Schreibstil der Autorin, sondern auch von der phantasiegeladenen Handlung, die von gut umgesetztem Ideenreichtum nur so strotzte. Wer als Leser seichte Jugendfantasy mit 0815-Handlung erwartet, sollte sich jedoch lieber nach einem anderen Buch umsehen, denn mit "Purpurdämmern" erwartet einen eine anspruchsvolle Geschichte, die die volle Konzentration ihres Lesers erfordert. Wer hierzu bereit ist, wird mit einer phantastischen Welt belohnt werden, deren Fesseln man sich nicht so leicht entziehen kann. Das Ende ist zum Glück kein böser Cliffhanger, hat aber trotzdem ganz viel Potential für eine Fortsetzung. Ich wäre auf jeden Fall gerne wieder dabei.