Ein weiterer von Bernet bearbeiteter Band versammelt vierundvierzig biographische Porträts von Personen, die das Schicksal dieser Gemeinschaft im zwanzigsten Jahrhundert getragen und geprägt haben. Zu den Auswahlprinzipien erklärt der Autor: "Es sollen alle Persönlichkeiten aufgenommen werden, die einerseits im öffentlichen Leben wirkten, sei es als Politiker, Künstler oder Wissenschaftler, und die gleichzeitig im Quäkertum verwurzelt waren" (Quäker aus Politik, Wissenschaft und Kunst, 7). Formales Kriterium ist eine Mitgliedschaft in der "Deutschen Jahresversammlung", der zentralen organisatorischen Instanz des deutschen Quäkertums. Jeder Beitrag steht für sich; eine Geschichte der Jahresversammlung oder gar der Quäkergemeinschaft insgesamt ist nicht beabsichtigt. Doch wird ihr auf eine fruchtbare Weise vorgearbeitet; jedenfalls erhalten sowohl die älteren Standardwerke von Wilhelm Hubbsn und Heinrich Otto wie auch Hans A. Schmitts "Quakers and Nazis" (Columbia, Miss. USA 1997) eine erwünschte Ergänzung und in vielen Details wichtige Korrekturen. Betrachtet man die sehr geringe Mitgliederzahl der Quäker in Deutschland (sie betrug zu keinem Zeitpunkt im zwanzigsten Jahrhundert mehr als fünfhundert; gegenwärtig sind es etwa zweihundertundfünfzig Personen), so ist das Maß an kultureller Aktivität, auch an politischem Engagement und überhaupt an öffentlicher Wirksamkeit erstaunlich groß. Zahlreiche Einzelbiographien stehen für die enge Beziehung zwischen Quäkertum, SPD und Deutscher Friedensgesellschaft, bisweilen auch den Religiösen Sozialisten und der Frauenbewegung. Doch auch die Herkunft aus dem liberalen Protestantismus spielt in manchen Lebenswegen eine wichtige Rolle (Ruth Eisner von Grunow, Margarete Geyer, Gertrud von Petzold, Rudolf Schlosser). Heinz Kappes, Pfarrer der Badischen Landeskirche und Karlsruher SPD-Stadtrat, trat der "Religiösen Gesellschaft" 1934 bei. Der Theologe Emil Fuchs war seit 1933 Mitglied. Durch ihn kam auch Hermann Mulert, der Herausgeber der "Christlichen Welt", in Kontakt zur sächsischen Quäkergruppe, der er sich 1943, unter dem Eindruck des kirchlichen Versagens im Dritten Reich, anschloß. Der sächsische Pfarrer Wilhelm Mensching (1887-1964) stand den Quäkern nahe, trat der Jahresversammlung aber nicht bei. Bernets Recherchen und Schilderungen sind oftmals erste Schritte; sie öffnen das Thema für wreitere Forschungen. Etliche der von ihm Porträtierten haben Lebenserinnerungen verfaßt, die in Manuskriptform vorliegen und bisher nicht beachtet worden sind. Für eine Beschreibung des sozialen Milieus, aus dem heraus sich das deutsche Quäkertum entwickelt und gestaltet hat, sind sie natürlich von unschätzbarer Bedeutung. Ein Gewinn wird auch die für 2008 und 2009 im Olms-Verlag angekündigte dreibändige Ausgabe "Deutsche Quäkerschriften" sein. Auf weit über eintausend Seiten sollen hier in solider Edition ca. dreißig historisch bedeutsame Texte aus der Quäkerliteratur zur Verfügung gestellt werden. Die Ausgabe wird gewiß dazu führen, daß das freigeistige Erbe der Quäker stärker als bisher in die aktuellen religions- und kulturwissenschaftlichen Erörterungen einbezogen wird. Mitteilungen der Ernst-Troeltsch-Gesellschaft, München 2008, Band 20/21, Seite 147-148 Eine weitere Rezension: Stefan Jordan In: "Historische Zeitschrift ", Band 288 (2009), Seite 493-494.
Dieser Download kann aus rechtlichen Gründen nur mit Rechnungsadresse in A, B, BG, CY, CZ, D, DK, EW, E, FIN, F, GR, HR, H, IRL, I, LT, L, LR, M, NL, PL, P, R, S, SLO, SK ausgeliefert werden.