Die erste Ausgabe des Magazins Queer*Welten erschien im Juni 2020, die nächste Ausgabe ist bereits für diesen Monat (August) angesetzt. Grundsätzlich soll alle drei Monate ein Heft herauskommen. Queer*Welten ist als Plattform für queerfeministische Fantasy und Science-Fiction geplant. Die Inhalte
sollen also nicht unbedacht sexistische, patriarchale, heteronormative, rassistische u.a.…mehrDie erste Ausgabe des Magazins Queer*Welten erschien im Juni 2020, die nächste Ausgabe ist bereits für diesen Monat (August) angesetzt. Grundsätzlich soll alle drei Monate ein Heft herauskommen. Queer*Welten ist als Plattform für queerfeministische Fantasy und Science-Fiction geplant. Die Inhalte sollen also nicht unbedacht sexistische, patriarchale, heteronormative, rassistische u.a. Marginalisierungen wiedergeben, sondern die dahinterstehenden Gesellschaftsstrukturen reflektieren, hinterfragen und überwinden. Intersektionalität und Inklusion sind ebenso gefragt wie Own Voices, also Beiträge von Personen, die in ihren Identitäten selbst Diskriminierungserfahrungen ausgesetzt sind.
Seitens der Herausgeberinnen enthält die erste Ausgabe ein Vorwort (in dem das Konzept beschrieben und zu Einsendung von Beiträgen aufgerufen wird) und einen „Queertalsbericht“, der eigentlich von Veranstaltungen berichten sollte und corona-bedingt statt dessen auf einige Bücher hinweist. Vom Vorwort und dem Queertalsbericht eingerahmt finden sich drei Kurzgeschichten, ein Gedicht und die Übersetzung des ersten Teils eines zweiteiligen Essays.
Die erste Geschichte, „Nebelflor“ von Annette Juretzki, ist vermutlich mein persönliches Highlight des Heftes. Fantasy, Gespenstergeschichte und Murder Mystery in eins, erzählt Juretzki die Geschichte von Korja, einer Kriegerin, die ihrem Gespür für ruhelose Geister in ein Dorf folgt. Die mehrschichtige Story ist elegant aufgebaut und führt uns als Publikum gekonnt an ihre Protagonistin heran.
Jasper Nicolaisens Gedicht „Die fortgesetzten Abenteuer des Spaceschiffs Plastilon“ war insgesamt weniger mein Ding. Es handelt sich um bunten, quirligen Space-Trash, sprachspielerisch bis zum Anschlag aufgedreht und als Zu-Bett-Geh-Gedicht für Kinder präsentiert. So weit, so gut! :) Insgesamt war mir der Text zu unausgewogen.
Lena Richter (eine der Herausgeberinnen) erzählt in „Feuer“ von Tarnik, der unter heftiger Wut leidet, die ihn manchmal unkontrollierbar wie ein inneres Monster anfällt. Davongelaufen, stößt er unerwartet auf eine verletzte Amazone. Mir gefällt die Kurzgeschichte gut: Geschicktes Worldbuilding, gekonntes Abholen und Mitnehmen der Leserschaft, und an manchen Stellen wird mit wenigen, unscheinbaren Worten ziemlich viel geleistet.
„Die Heldenfresserin“ von Anna Zabini ist die letzte Kurzgeschichte des Hefts. In ihr diskutiert und verhandelt Penthesilea als Ich-Erzählerin verschiedene Erzählweisen ihrer Geschichte. Schonungslos kontrastiert Zabini die Grausamkeiten und Willkürlichkeiten des Mythos mit unserem Bild glanzvoller Heroen. Sie klaubt vom blutigen Schlachtfeld auf, was bei dieser Heldenkonstruktion auf der Strecke bleibt, und sucht nach Alternativen, in denen Penthesilea ein Eigenleben entwickelt.
Queer*Welten soll in jeder Ausgabe auch einen nonfiktionalen Text enthalten, und in dieser Ausgabe ist es der erste Teil eines Essays von James Mendez Hodes über „Orks, Briten und den Mythos der Kriegerrassen“. Mendez hat diesen zweiteiligen Essay über den Einfluss rassistischer Bilder auf die Orks in Tolkiens Werk 2019 auf seinem Blog veröffentlicht (Orcs, Britons, and the Martial Race Myth); es ist zu hoffen, dass er nun in der deutschsprachigen Phantastik Aufmerksamkeit findet.
Die drei Herausgeberinnen Judith Vogt, Lena Richter und Kathrin Dodenhoeft haben herausragende Arbeit geleistet. Ich begrüße auch die Entscheidung, den Texten Inhaltswarnungen voranzustellen. Layout und Gestaltung gefallen mir, lediglich die Bindung (Klammerheftung bei 55 Seiten der verwendeten Papierstärke) halte ich für eine Schwachstelle (dass innerste Blatt hat sich in meinem Exemplar bereits aus einer der zwei Klammern gelöst). Angesichts des günstigen Preises, zu dem das Zine angeboten wird (7,99€) kann ich darüber aber auch nicht meckern.
Ich bin gespannt auf die kommenden Ausgaben und kann Queer*Welten uneingeschränkt allen empfehlen, die Lust auf gute, vielseitige Fantasy und Science Fictio