„Rattenflut“ – der Titel hat mich neugierig gemacht. Der Klappentext klang ebenfalls vielversprechend, denn das Thema Kindesmissbrauch ist nicht erst seit dem Pädophilen-Ring von Lügde brandaktuell. Dazu sollte das Buch von Andreas Gößling ein „True-Crime-Thriller“ sein, was auch nicht alltäglich
ist. Allerdings muss ich sagen, dass ich mir unter „True Crime Stories“ ein bisschen etwas anderes…mehr„Rattenflut“ – der Titel hat mich neugierig gemacht. Der Klappentext klang ebenfalls vielversprechend, denn das Thema Kindesmissbrauch ist nicht erst seit dem Pädophilen-Ring von Lügde brandaktuell. Dazu sollte das Buch von Andreas Gößling ein „True-Crime-Thriller“ sein, was auch nicht alltäglich ist. Allerdings muss ich sagen, dass ich mir unter „True Crime Stories“ ein bisschen etwas anderes vorgestellt habe. In diesem Buch ist ein reales Verbrechen in einen komplett anderen Kontext versetzt worden. Die wahre Geschichte (die Missbrauchsfällt des britischen DJs Jimmy Savile) fand ab den 1960er Jahren unter anderem auf der Insel Jersey statt – der Autor lässt seine Geschichte im heutigen Berlin und auf einer indonesischen Insel spielen. Außerdem verknüpft er die Handlung (und den Menschenhandel, den er aufgreift) unter anderem mit der Colonia Dignidad. Das fand ich zwar interessant, ist für mich aber nicht 100% True Crime.
Und auch sonst hat das Buch mich enttäuscht. Ich bin ganz sicher nicht zimperlich, was brutale Szenen angeht. Daher war mein Problem weder das Thema, noch die Tatsache, dass das Buch schon der dritte und letzte Band einer Reihe ist. Mein Problem war schlicht die Sprache, derer sich der Autor bedient. Er verwendet für meinen Geschmack zu viele Kraftausdrücke (die ich hier gar nicht zitieren darf), dazu Beleidigungen und manchmal schlicht die falschen Wörter („Stattdessen pult er die Latexfingerlinge, die der Doktor ihm noch aufgedrängt hat, aus der sterilen Verpackung und zwängt seine Hände hinein“ – Das mit den Fingerlingen kommt mehrmals im Buch vor. Fingerlinge sind keine Handschuhe!). Dazu grammatikalische Fehler (es heißt beispielsweise nicht „Mangels öffentlichem Interesse“, sondern mangels öffentlichen Interesses). Da lassen Sorgfalt und Lektorat zu wünschen übrig.
Der Leser wird direkt in die Handlung geworfen, ein Kind wird äußerst brutal von einem Erwachsenen missbraucht. Der Autor schildert diese Tat in aller Grausamkeit, manches überlässt er aber auch der Fantasie des Lesers. In der Folge geht die Geschichte mit mehreren Handlungssträngen weiter, so wird sie unter anderem aus der Sicht des Täters und der Sicht der Ermittler erzählt. Gedankengänge und innerer Monolog sind oft kursiv abgesetzt. Manchmal scheint der Autor allerdings den roten Faden zu verlieren, die Beschreibungen sind zum Teil sehr konfus, dazu sind es enorm viele Charaktere und Schauplätze und selbst bei mehrmaligem Nachlesen fand ich ab und zu keinen schlüssigen Zusammenhang. Das machte das Lesen für mich sehr anstrengend und im Endeffekt sehr unbefriedigend. Da ist es sicher auch ein Nachteil, die anderen Bände der Reihe nicht zu kennen, denn einige der Personen sind daraus wohl schon bekannt. Und auch ein Teil der Handlung wird aus den Vorgängern weitergeführt. Für diejenigen, die die anderen Bücher nicht kennen, wird einiges erklärt, was das Lesen allerdings noch anstrengender macht. Bezüglich der Charaktere muss ich sagen, dass mir nicht ein einziger sympathisch war, nicht einmal auf der Seite der Ermittler ist für mich eine „Lichtgestalten“ vorhanden.
„Ratten“ haben in dem Buch sowohl tatsächlich als auch symbolisch eine große Bedeutung. Das erste Opfer sieht nach dem Missbrauch aus wie „von Ratten angefressen“, es tauchen echte und menschliche Ratten auf, denn ein zentrales Thema sind menschliche Abgründe, Perversionen und menschenverachtende Handlungen. Opfer, die später zu Tätern werden, Undercover-Ermittler, Menschenhandel, Missbrauch in geschützten Umgebungen, korrupte Ermittler und noch so vieles mehr, dass ich manchmal das Gefühl hatte, der Autor hat sich bei all den Themen übernommen.
Zwar ist das Buch in sich latent spannend aber für mich war es aber zu keiner Zeit wirklich packend. Schade. Ein brandaktuelles Thema, ein wichtiges Thema – aber nicht gut umgesetzt. Da wäre sehr viel mehr drin gewesen. Und eventuell sollte der Verlag über eine „Trigger-Warnung“ auf dem Cover nachdenken. Alles in allem von mir 2 Ste