Wenn Investoren Geld anlegen, versuchen sie in der Regel die Entwicklung an den Finanzmärkten vorherzusehen. Die Qualität dieser Prognosen enttäuscht allerdings oft, unabhängig davon, ob sie von Laien oder von Experten stammen. Die Annahmen stellen sich im Nachhinein vielfach als falsch heraus. Viele Vorhersagen überschätzen die Stärke und Dauer von Kursanstiegen und erkennen einen Kurseinbruch nicht rechtzeitig. Die Anleger machen deshalb in sinkenden Märkten zu hohe Verluste. Die Entwicklung an den Finanzmärkten lässt sich mit Hilfe von komplexen Berechnungen oder von einem Finanzguru nicht vorhersehen. Erfolgversprechender ist ein Blick zurück. Aus der vergangenen Kursentwicklung lassen sich einfache Regeln ableiten, die der Anleger ohne Prognosen anwenden kann und die ihn vor irrationalen Entscheidungen schützen. Die Regeln lassen sich zum Beispiel in Krisensituationen rasch umsetzen, sie sind klar und transparent in ihrer Wirkung. Die Regeln basieren auf Erfahrungswerten und unterscheiden sich damit grundsätzlich von den mathematischen Modellen, welche die künftige Entwicklung vorhersagen wollen. Der Anleger definiert die Regeln vor der Erstinvestition, er testet sie anhand historischer Daten und prüft ihr Verhalten in Boomphasen, in Seitwärtsmärkten und in Aktienkrisen. Sobald das Regelwerk steht, ist eine menschliche Einflussnahme ausgeschlossen. Die Regeln fällen sämtliche Anlageentscheide diszipliniert und kompromisslos und verhindern emotionale Fehlentscheide. Das VZ VermögensZentrum behandelt jedes Jahr Tausende von Kundenfällen und stellt immer wieder fest, dass die Anleger vor allem in Stresssituationen emotional reagieren. Kein Investor, ob Laie oder Experte, handelt rein rational. Emotionale Fehlentscheide lassen sich schon mit ganz einfachen Regeln vermeiden. Ein Stop-Loss-Auftrag etwa begrenzt den Verlust im Falle einer Börsenkorrektur. Der Anleger beauftragt damit seine Bank beispielsweise, eine Aktie zu verkaufen, wenn ihr Kurs 10 Prozent unter dem aktuellen Kurs liegt. Sinkt der Kurs auf oder unter diesen Wert, wird die Aktie automatisch zum Verkauf aufgegeben und der Verlust damit beschränkt. Stop-Loss-Limiten eignen sich zwar zur Reduktion von Verlusten. Sie alleine reichen aber nicht aus, um ganze Anlagelösungen robust zu machen. Hierfür sind drei Regelarten speziell geeignet: Rebalancing, gleitende Durchschnitte und relative Stärke. Sie sind umfassend erforscht und der Fokus dieses Buches. Beim Rebalancing (englisch für «Wiedereinpendeln») werden Anlageklassen mit Kursgewinn verkauft und Anlageklassen mit Kursverlust gekauft. Dieses antizyklische Verhalten hat zur Folge, dass der Anleger keine höheren Risiken eingeht als ursprünglich gewünscht. Ein konsequent angewendetes Rebalancing kann zu einer leichten Mehrrendite gegenüber einer klassischen Kaufen-und-Halten-Strategie führen. Die beiden anderen hier vorgestellten Regeltypen gleitendende Durchschnitte und relative Stärke basieren auf dem Momentumeffekt. In der Geldanlage spricht man von Momentum, wenn eine Anlageklasse oder ein Titel sich in einem positiven Trend befindet. Trendinformationen lassen sich optimal in Regeln fassen und gut für die Steuerung eines Portfolios nutzen. Gleitende Durchschnitte signalisieren Kauf- und Verkaufszeitpunkte. Sie lösen ein Kaufsignal aus, wenn eine Anlageklasse von einem negativen in einen positiven Trend wechselt. Solange der Trend positiv bleibt, ist die Anlageklasse investiert. Wenn er dreht, wird sie verkauft. Diese taktischen Verkäufe begrenzen die Verluste in einer Krise. Der dritte in diesem Buch vorgestellte Regeltypus, die relative Stärke, vergleicht die Trendstärke von verschiedenen Anlageklassen. Anlagestrategien mit relativer Stärke investieren jeweils nur in die Anlageklassen mit dem stärksten relativen Trend. In einer Boomphase können sie ausschliesslich in Aktien investieren, in einer Aktienkrise vollständig auf Aktien verzichten.
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