„[W]hat I am and always have been is a man of cinema.” Visita ou Memórias e Confissões Manoel de Oliveira hat das portugiesische Kino von der ausklingenden Stummfilmzeit bis ins digitale Zeitalter geprägt. Seine Aussage, ‘was ich bin und immer schon war, ist ein Mann des Kinos’, überrascht vor diesem Hintergrund in keiner Weise. Tragweite, Fragilität und Intimität dieses Bekenntnisses zur eigenen Kunst werden jedoch erst im historischen Kontext fassbar. Es handelt sich dabei keineswegs um die retrospektive Selbsteinschätzung eines gefeierten Regisseurs, ganz im Gegenteil: Als der zweiundsiebzigjährige Oliveira diesen Satz 1981 in die Kamera spricht, hatte er alles verloren. Portugal stand nach der Revolution vor einem Scherbenhaufen der kolonialen Befreiungskriege; Oliveira sah sich mit dem scheinbaren Ende einer durch die Diktatur ausgebremsten Regiekarriere konfrontiert. Marc Freis innovative Studie widmet sich den Strategien der Selbstinszenierung in den autobiografischen Filmen Visita ou Memórias e Confissões (1982) und dem rund zwanzig Jahre später gedrehten Porto da Minha Infância, die in Oliveiras Werk bisher wenig Beachtung gefunden haben: Es sind Filme des Umbruchs, die an der Schwelle zwischen Altem und Neuem, Selbst und Welt, Realität und Fiktion – im Dazwischen – nicht nur ein Leben für den Film, sondern ein ganzes Œuvre, das Schicksal einer Nation im Wandel und die poetischen Möglichkeiten des Mediums neu perspektiveren. In seiner präzisen Analyse ergründet Frei die zwielichtigen Schattenwelten, die hinter den filmischen Bildern lauern, blickt ins Kabinett verspiegelter subjektiver Präsenzen, stellt den Gespenstern nach, die bis heute die portugiesische Gegenwart heimsuchen, und begibt sich schließlich auf eine Reise – „fora do tempo“ – außerhalb der Zeit, um einem Zeitreisenden auf die Spur zu kommen.