In der frühen Kaiserzeit werden Traditionen der gelebten Religion verstärkt als Quelle philosophischen Denkens interpretiert und plausibilisiert. Heilige Erzählungen, Riten und Kultgegenstände erscheinen als Reflex göttlicher Wahrheit: sie eröffnen Erkenntnis, die wahres Leben verspricht. Umgekehrt beruft sich philosophische Weltdeutung auf die religiöse Tradition als letzten Erkenntnisgrund. Dieser Verschmelzung religiöser und philosophischer Diskurse, die insbesondere den Platonismus jüdischer, christlicher und pagan-religiöser Provenienz kennzeichnet, entspringen kreative Neudeutungen in beiden Feldern. Im vorliegenden Tagungsband zeichnen ausgewiesene Fachleute aus den Bereichen Klassische Philologie, Theologie, Religionswissenschaft, Judaistik und Philosophiegeschichte ein Panorama der religiös-philosophischen Literatur der frühen Kaiserzeit, über religiös-kulturelle Herkunftsbereiche, Sprachgrenzen und Literaturgattungen hinweg. Die Beiträge reichen von der paganen griechischen und lateinischen Literatur über hellenistisch-jüdische und neutestamentliche Texte bis hin zu Qumran sowie dem gnostischen und hermetischen Schrifttum. Dieser Querschnitt durch die religiös-philosophische Literatur der Kaiserzeit wird ergänzt und vertieft durch exemplarische Studien zu einzelnen Autoren und Texten (Philon von Alexandria, Plutarch, Johannesevangelium, Klemens von Alexandria). Die Beiträge wurden bei der 'Impulstagung' des Projekts Ratio Religionis im Februar 2007 an der Georg-August-Universität Göttingen gehalten. Wichtige Quellentexte werden am Schluss zweisprachig dargeboten.
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