»Nein, der Berg selbst ruft nicht. Was lockt, sind Stille und Weite dort oben. Enge und Langeweile des Berufs- und Familienlebens erzeugen Sehnsucht nach »höheren Regionen«, in denen sich der Städter – je weiter weg, umso mehr – das Gegenteil zum »Unten« vorstellt. Die erhoffte Freiheit aber, Ruhe
und Erhabenheit sind oben immer seltener zu finden. Am wenigsten ist den Umweltproblemen zu…mehr»Nein, der Berg selbst ruft nicht. Was lockt, sind Stille und Weite dort oben. Enge und Langeweile des Berufs- und Familienlebens erzeugen Sehnsucht nach »höheren Regionen«, in denen sich der Städter – je weiter weg, umso mehr – das Gegenteil zum »Unten« vorstellt. Die erhoffte Freiheit aber, Ruhe und Erhabenheit sind oben immer seltener zu finden. Am wenigsten ist den Umweltproblemen zu entkommen. Dort, wo die Schönheit der Berge besonders gerühmt wird, ist die Anziehungskraft am größten, am lukrativsten, am zerstörerischsten. Touristen ruinieren im Gebirge gerade das, was sie alle dort suchen.«
Wer Reinhold Messner ist, dazu muss wohl nichts gesagt werden, selbst treue Freunde der Küstenregionen wissen den berühmten Bergsteiger und Abenteurer einzuordnen. In diesem Buch richtet Messner, der sicher für enorm viele Menschen Motivation war, auf einen Berg zu steigen, angesichts von Massentourismus und Klimawandel einen eindringlichen Appell an die ganze Menschheit, möglichst sofort mit der Rettung der Berge zu beginnen.
Wie dringend notwendig dies ist, zeigt er im ersten Teil des Buchs auf. Da geht es um den aktuellen Status, die Bedrohungen und negativen Veränderungen in den Gebirgsregionen werden eindringlich geschildert und dabei verdeutlicht, wie gravierend sich diese auch für die umliegenden Regionen auswirken.
Als Ursachen, oben schon erwähnt, macht er im Wesentlichen zwei Dinge aus, den Klimawandel und den Massentourismus. Tatsächlich habe ich auch schon verstörende Bilder von Menschenmassen gesehen, die den Everest hinaufdrängen und von dem vielen Müll, den sie hinterlassen. Man muss nicht groß nachdenken um einzusehen, dass das nicht richtig sein kann.
An anderer Stelle wird es ein wenig schwerer. Messner verurteilt im Grunde auch Straßen und Seilbahnen. Kurz zusammengefasst könnte man sagen: Wer nicht ohne Hilfsmittel und Sicherungen auf einen Berg kommt, hat da nichts zu suchen. Er betont, wie in den guten alten Zeiten wenig Menschen in den Bergen waren, einfach weil es gefährlich war und man viele Entbehrungen in Kauf nehmen musste. Heute gibt es dort größere Bequemlichkeit und Sicherheit durch moderne Ausrüstungen, viele Hütten und Risikoabsicherungen – und dadurch zwangsläufig viel mehr Menschen.
Im zweiten Teil beschreibt er sein Verhältnis zu den Bergen und wie er sich dort verhält. Dieser Abschnitt brachte mir nicht viel neues, ich wartete auf konkrete Vorschläge zur Rettung der Berge im folgenden dritten Teil. Hier geht es um Punkte wie Verzicht, Rücksicht und Ökotourismus, alle wichtig und richtig, aber trotzdem in der Umsetzung nicht einfach. Für viele Menschen ist der Urlaub in den Bergen eine sehr bedeutende Sache und ebenfalls viele Menschen in den Tourismusregionen leben davon, dass eben nicht nur Top-Sportler in geringer Zahl unterwegs sind. Wie kann man also heute die Berge nutzen und sie gleichzeitig bewahren?
Eine Patentlösung hat Messner auch nicht. Wenn er Erlebnissportler und Rekordjäger verurteilt, könnte man natürlich daraus ableiten, dass er beides am liebsten untersagen würde. Und zum Schutz der Hochgebirgsregionen spricht er sich gegen eine weitere Erschließung mit Straßen und Seilbahnen aus. Aber was ist mit den vielen Touristen? Was kann ich ganz persönlich tun, was sollte ich tun? Muss ich komplett auf meinen Urlaub in den Bergen verzichten oder reicht es aus, mich einzuschränken? Und wenn ja, wie? Die Antwort fällt schwer, aber als ersten Schritt ist es sicher schon mal wichtig, überhaupt nachzudenken. Hilfreich hätte ich allerdings eine Aussage von Messner gefunden, wo er persönlich bereit wäre, zu verzichten.
Fazit: Ein eindringlicher und wichtiger Appell. Die konkrete Umsetzung aber wird schwierig.