Kurzbeschreibung
Die electronic reverse auction (eRA) ist das meistdiskutierte Beschaffungsinstrument der vergangenen Jahre. Einkäufer erhoffen sich von ihrem Einsatz vor allem signifikante Preisreduktionen durch einen erhöhten und transparenten Wettbewerb. Die wissenschaftliche Literatur behandelte primär Fragestellungen nach geeigneten Beschaffungssituationen zur Anwendung des Verhandlungsinstruments und dem optimalen Set-up von eRAs zur Erreichung der angestrebten Preisreduktionen. In jüngeren Untersuchungen liegt der Fokus dagegen darauf, wie Lieferanten die Rückwärtsauktionen wahrnehmen. Nahezu übereinstimmend wird festgestellt, dass diese eRAs als opportunistisches und unfaires Verhandlungsinstrument wahrnehmen. Nicht erforscht ist, ob diese negative Einstellung zu lieferantenseitigen Maßnahmen gegen die Auktionen führt, welche Gefahren aus derartigen Reaktionen für Einkäufer entstehen und wie sie diesen begegnen können. Die vorliegende Arbeit stellt sich diesen Fragen.
In einem ersten Schritt werden die Faktoren untersucht, die zu Gegenreaktionen auf eRAs führen können. Dabei werden elektronische Beschaffungsauktionen als technische Innovation verstanden, die zu einer Reihe von Veränderungen in der Marktstruktur für Zulieferer führt. Zu diesen Veränderungen gehören sinkende Preisniveaus, eine Erhöhung der Anzahl um einen Auftrag konkurrierender Wettbewerber, Effizienzsteigerungen des Vertriebsprozesses der Zulieferer und ein relativer Markttransparenzverlust gegenüber einkaufenden Unternehmen. Die Arbeit untersucht in einem Strukturgleichungsmodell, wie sich die aufgedeckten Marktstrukturveränderungen auf die Fairnesswahrnehmung des Beschaffungsinstruments unter Zulieferern und die von ihnen empfundene Qualität der Geschäftsbeziehung auswirken. In einem nächsten Schritt identifiziert die Analyse drei Reaktionsfelder auf eRAs und ordnet jedem ein Set an Gegenmaßnahmen zu. Das erste Feld, „verhandlungsbezogene Gegenmaßnahmen“, umfasst unter anderem die Gegenmaßnahmen der Nichtteilnahme an dem Verfahren, der kollusiven Absprachen oder der Störungsversuche der Auktion. Beispielhafte Maßnahmen des zweiten Reaktionsfelds, „Kompensationsversuche der finanziellen Einbußen“, sind Preiserhöhungen von Zusatzleistungen, Senkungen der Qualitätsstandards oder die höherpreisige Abrechnung zukünftiger Aufträge, die nicht über eRAs verhandelt werden. Das letzte Reaktionsfeld, „strategische Neuausrichtungen“, enthält Maßnahmen wie ein Eintritt in Absatzmärkte, in denen eRAs nicht angewandt werden, oder Modifikationen des eigenen Produktprogramms, die die Anwendung von eRAs erschweren sollen. Mithilfe einer logistischen Regressionsanalyse wird untersucht, ob die Fairnesswahrnehmung des Beschaffungsinstruments und der lieferantenseitig empfundene Einfluss von eRAs auf die Qualität der Geschäftsbeziehung die Wahrscheinlichkeit von Gegenreaktionen beeinflussen.
Die empirische Erhebung zur Ermittlung der vermuteten Zusammenhänge erreichte einen Rücklauf von 248 Fragebögen von Zulieferern unterschiedlicher Branchen. Bei der Auswertung des Strukturgleichungsmodells zeigte sich, dass die Fairnesswahrnehmung von eRAs signifikant von der Erhöhung der um einen Auftrag konkurrierenden Wettbewerberanzahl und von Preisreduktionen durch das Beschaffungsinstrument bestimmt wird. Ein weiterer Einfluss geht von der relativen Markttransparenzverschiebung zugunsten der Lieferanten durch eRAs aus. Nicht beeinflusst wird die Fairnesswahrnehmung von einer möglichen Effizienzsteigerung des Vertriebsprozesses. Des Weiteren deckte die Studie auf, dass die Fairnesswahrnehmung der Auktionen den Versuch zur Einflussnahme auf das Verhandlungsinstrument signifikant determiniert. Die Prüfung der Abhängigkeit der Gegenreaktionen auf eRAs von der Fairnesswahrnehmung des Beschaffungsinstruments und dem Einfluss der Auktionen auf die Qualität der Geschäftsbeziehung mit Hilfe der logistischen Regression führte zu folgenden Ergebnissen. Während die beiden unabhängigen Variablen die Wahrscheinlichkeit von verhandlungsbezogenen Gegenmaßnahmen deutlich erhöhen, wirken sie sich nicht auf Kompensationsversuche der finanziellen Einbußen aus. Die Wahrscheinlichkeit strategischer Neuausrichtungen wird den Ergebnissen zufolge zwar von dem Einfluss der Auktionen auf die Qualität der Geschäftsbeziehung determiniert, jedoch nicht von der Fairnesswahrnehmung des Beschaffungsinstruments. Auch innerhalb der Reaktionsfelder ergab sich ein heterogenes Bild. Bei den „verhandlungsbezogenen Gegenmaßnahmen“ war die Beschwerde über die Auktionsanwendung die mit Abstand beliebteste Option. Die Einzelmaßnahmen innerhalb der „Kompensationsversuche der finanziellen Einbußen“ waren recht gleichmäßig verteilt. Bei den „strategischen Neuausrichtungen“ dominierten Modifikationen des Produktprogramms.
Description
Electronic reverse auctions (eRAs) are the most discussed purchasing instrument of recent years. In using them, procurement managers expect significant price reductions through an increased and more transparent competition. Until recently, scholarship primarily examined which situations were most suitable to the use of eRAs and which eRA set-ups were most likely to yield the desired price reductions. Recent publications shift focus from purchasing to supplying companies and their perceptions of eRAs. Their findings indicate that most suppliers consider eRAs to give buying companies an undue amount of leverage and object to the use of this procurement tool. This study investigates how negative perceptions of eRAs influence supplier behaviour.
In a first step, the study examines the reasons for countermeasures to eRAs. To approach this topic, the study views eRAs as a technical innovation leading to a variety of marketstructure changes for suppliers. These market-structure changes include decreasing price levels, an increased number of competitors, a more efficient sales process and a market less transparent to bidders than to buyers. The analysis uses a structural equation model to examine how these market-structure changes affect the fairness perception of eRAs by suppliers as well as the perceived quality of the business relationship. In a next step, three reaction fields to eRAs are identified. Each of them contains a set of countermeasures. The first reaction field, “negotiation related counteractions”, includes as countermeasures, among others, the refusal to participate in eRAs, collusive bidding behaviour, and attempts to disrupt the auction. Countermeasures pertaining to the second field, “attempts to compensate financial losses”, include increased prices for additional services, lowered quality standards, and higher prices in future purchases. Examples for countermeasures within the last the reaction field, “strategic adjustments”, are entry into markets without eRA negotiations and modifications to the product portfolio to impede future auctions. Using a logistic regression analysis, the study examines how the likelihood of these counteractions depends on the suppliers¿ fairness perception of eRAs and on the impact that these auctions have on the perceived quality of the business relationship.
The empirical survey to test the developed hypotheses resulted in 248 fully completed responses from suppliers in diverse industries. The analysis of the structural equation model shows that the fairness perception of eRAs by suppliers is strongly influenced by the increased number of competitors as well as by decreasing price levels. Another significant influence on the fairness perception results from the shift of relative market transparency from sellers to buyers. Improved efficiency in the sales process had no measureable effect on the fairness perception of eRAs as procurement tools. The analysis also detected that suppliers’ fairness perceptions of eRAs have a significant influence on the perceived quality of the business relationship. The tests to ascertain whether or not the two independent variables, i. e. fairness perceptions and perceived quality of business relationships, determine the likelihood of countermeasures yielded diverging results. The two independent variables significantly increase the likelihood of negotiation-related counteractions. However, they do not influence the likelihood of attempts to compensate for financial losses. The likelihood of strategic adaption is influenced by the eRAs’ impact on the business relationships, but not by fairness perceptions. Suppliers often showed clear preferences towards specific countermeasures within reaction fields. Thus, complaints to the buying company about the use of eRAs were by far the most common measure within the field of negotiation-related counteractions. Within the field of strategic adaption, preference was given to modifications of the product portfolio to impede the use of eRAs. No such preferences were found in the reaction field of compensation for financial losses. There, the individual countermeasures were evenly distributed.
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