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Die Welt hat in diese Revolution eingegriffen, und diese Revolution hat die Welt verändert.
Als Japan 1941 den Angriff auf Pearl Harbor startete, begann sich das historische Fenster für ein anderes Ereignis zu öffnen: Seit Jahrzehnten hatten Indonesier für die Unabhängigkeit von der Kolonialmacht Niederlande gekämpft, im August 1945 wurde sie endlich proklamiert. Doch es folgte ein mehrjähriger, brutaler Krieg. Diese Revolusi war in zweierlei Hinsicht Weltgeschichte: Sie ergab sich aus einem globalen Konflikt und hatte globale Signalwirkung. Denn Indonesien setzte sich an die Spitze der…mehr

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Produktbeschreibung
Die Welt hat in diese Revolution eingegriffen, und diese Revolution hat die Welt verändert.

Als Japan 1941 den Angriff auf Pearl Harbor startete, begann sich das historische Fenster für ein anderes Ereignis zu öffnen: Seit Jahrzehnten hatten Indonesier für die Unabhängigkeit von der Kolonialmacht Niederlande gekämpft, im August 1945 wurde sie endlich proklamiert. Doch es folgte ein mehrjähriger, brutaler Krieg. Diese Revolusi war in zweierlei Hinsicht Weltgeschichte: Sie ergab sich aus einem globalen Konflikt und hatte globale Signalwirkung. Denn Indonesien setzte sich an die Spitze der Dekolonisation, die bald auch Afrika erfasste und die politische Landkarte für immer veränderte. In Debatten um Kolonialverbrechen und die Rückgabe geraubter Kunstwerke beschäftigt sie uns bis heute. David Van Reybrouck hat jahrelang recherchiert und mit fast 200 Zeitzeugen gesprochen. Ihre Erinnerungen verknüpft er zu einer historischen Erzählung, deren Sog man sich kaum entziehen kann.


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Autorenporträt
David Van Reybrouck, geboren 1971 in Brügge, ist Schriftsteller, Dramatiker, Journalist, Archäologe und Historiker. 2011 gründete er die Initiative G1000, die sich in Belgien, den Niederlanden und in Spanien für demokratische Innovationen einsetzt. Kongo. Eine Geschichte wurde vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem NDR Kultur Sachbuchpreis 2012, stand auf der SPIEGEL-Bestsellerliste und verschaffte Van Reybrouck internationale Anerkennung. Sein Buch Gegen Wahlen. Warum Abstimmen nicht demokratisch ist (Wallstein Verlag, 2016) erhielt europaweit große Aufmerksamkeit. Für Revolusi. Indonesien und die Entstehung der modernen Welt wurde Van Reybrouck mit dem Geschwister-Scholl-Preis 2023 ausgezeichnet.

Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.09.2022

Gemordet wurde auf allen Seiten

David Van Reybrouck erzählt bestechend von Indonesiens Weg in die Unabhängigkeit,

überschätzt aber dessen globale Wirkung und endet mit Agitprop.

Die Entstehung der modernen Welt ist ein beliebtes Thema der Globalgeschichte, jenes Genres, das den Blick auf regionsübergreifende Verflechtungen und Interdependenzen lenkt und die Überwindung ethnozentrischer Begrenztheiten verspricht. David Van Reybrouk versteht seine Monographie "Revolusi" als Teil einer solchen historischen Betrachtung. Sein Ausgangspunkt sind die komplexen politischen Ereignisse im indonesischen Archipel, die in der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts nach blutigen Kämpfen zur Entstehung eines souveränen postkolonialen Staates führen sollten. Sowohl den Aufständischen und den Akteuren der ehemaligen niederländischen Kolonialmacht, die im Zentrum des Buches stehen, als auch Japan, Großbritannien und den Vereinigten Staaten werden eigene Kapitel gewidmet.

Die sich durch den Zweiten Weltkrieg verändernden Machtverhältnisse in Europa und Asien bilden den Hintergrund der Erzählung über das mehrere Jahre dauernde Ringen um Unabhängigkeit, die immer wieder an kolonialen Beharrungskräften zu scheitern drohte. Über das Nationale hinausreichend sei zudem die Wirkung des Befreiungskampfes selbst gewesen. "Die Revolusi", so Van Reybrouk, "schrieb einst Weltgeschichte - die Welt griff in sie ein und wurde durch sie verändert." Letztendlich, so sein Fazit, habe die indonesische Revolution sogar entscheidend zur internationalen politischen Neuordnung nach dem Zweiten Weltkrieg beigetragen. Weshalb sein Buch sowohl ein Stück indonesischer Nationalgeschichte als auch einen damit verzahnten Abschnitt der Weltgeschichte darstellt. Beide Perspektiven, die nationale wie die globale, werden vom Autor erzählerisch souverän gehandhabt.

Das ist unter anderem dem Ansatz der Oral History geschuldet, den Van Reybrouk bemüht, um seinen Lesern die Geschehnisse, die sich zwischen 1914 und 1955 ereigneten, auf plastische Weise nahezubringen. Die erzählte Geschichte wird über weite Strecken aus der Perspektive von Zeitzeugen geschildert, und Van Reybrouck versteht es, bei ihrer Auswahl Einseitigkeiten zu vermeiden. Er ist weit gereist, um mit Menschen unterschiedlicher Herkunft und Gesinnung zu sprechen, wenn diese bereit waren, ihre Erinnerungen zu teilen.

Profiteure des Kolonialregimes kommen ebenso zu Wort wie Widerstandskämpfer; Niederländer, die sich dem Freiheitskampf anschlossen, erzählen ihre Sicht der Dinge genauso wie solche, die die Revolution mit militärischer Härte niederschlagen wollten. Van Reybrouk reiste nach Nepal, um betagten Veteranen der britischen Armee zuzuhören, und nach Japan, um mit denjenigen zu sprechen, die den Archipel von 1942 bis 1945 besetzt hatten und zunächst als Befreier willkommen geheißen, später aber wegen ihrer Grausamkeiten gefürchtet wurden. Die Polyphonie der Stimmen, die eine detailverliebte Erzählstruktur entlang vieler kleiner Handlungsstränge hörbar werden lässt, ist eine der Stärken des Buches. Durch sie, aber auch durch das vorsichtige und ausbalancierte Herantasten an ambivalente Sachverhalte, das der Autor über weite Strecken vorführt, entsteht ein differenziertes Bild der Ereignisse.

Das betrifft auch die Gewalt, die den Umbruch begleitete. Die Revolusi war kein friedlicher Machtwechsel. Auf allen Seiten wurde gefoltert und gemordet, kam es zu gravierenden Menschenrechtsverletzungen. Van Reybrouk schildert die Rückblicke damaliger Täter und Opfer ohne wertende Kommentare, vermeidet oberlehrerhafte Zuschreibungen eines eindeutigen Guten oder Bösen und verfällt dennoch nicht in moralische Beliebigkeit. Auch dieses Vorgehen macht "Revolusi" zu einem außerordentlich lesenswerten Buch.

Die globalgeschichtliche Analyse überzeugt hingegen nur bedingt. Ob Indonesien für die Dekolonialisierung der Welt tatsächlich die zentrale Rolle spielte, die Van Reybrouk dem Land zuspricht, lässt sich bestreiten. Zur gleichen Zeit, als Indonesiens Revolutionäre für Freiheit und Unabhängigkeit kämpften, geschah Ähnliches auch in Indien, dem zweiten Imperium, das auf eine europäische Handelsgesellschaft zurückging. Die Konferenz von Bandung, auf der sich im Jahr 1955 die politische Elite der Länder traf, die man heute dem globalen Süden zuordnet, war zweifellos ein wichtiges Ereignis. Ob sich daran jedoch die intellektuelle Führerschaft der indonesischen Gastgeber ablesen lässt, die Van Reybrouk vermutet, muss angesichts anderer einflussreicher antikolonialer Führungspersönlichkeiten bezweifelt werden.

Alle Teilnehmer seien gegen den Kolonialismus gewesen, schreibt Van Reybrouk, doch nur einige gegen den Kommunismus. Infolge dieser Schieflage seien das Vorgehen Russlands in Osteuropa und dasjenige Chinas in Tibet nicht verurteilt worden. Diese andere Geschichte des Kolonialismus, die unter anderem Sibirien, den Kaukasus und Zentralasien umfasst, stellt eine Leerstelle in Van Reybrouks Monographie dar. Das wäre nicht problematisch, wenn es in dem Buch allein um die kolonialen und postkolonialen Interdependenzen des indonesischen Archipels ginge. Doch gegen Ende des Buches verlässt der Autor den sicheren Boden der vielstimmig erzählten regionalen Geschehnisse und mäandert weitschweifig durch die jüngere Weltgeschichte.

Das Anliegen ist wohl, die im Untertitel enthaltene These zu begründen, die Revolusi sei ein Startschuss für Befreiungs- und Bürgerrechtsbewegungen von Südafrika bis zu den Vereinigten Staaten gewesen - was eher schlecht gelingt. Die Polyphonie verschwindet hier ebenso wie der dichte Schreibstil, der dem Werk seinen besonderen Charme verleiht. Die letzten vierzig Seiten ähneln Texten aus dem Bereich sozialistischer Agitation und Propaganda und münden schließlich in einen Epilog, an dem Aktivisten der Extinction Rebellion ihre Freude haben müssten. Das ist zweifellos ein Bruch, aber er fügt einem Buch, das zum überwiegenden Teil lehrreich und kurzweilig geschrieben ist, immerhin nur begrenzten Schaden zu. SUSANNE SCHRÖTER

David Van Reybrouck: "Revolusi". Indonesien und die Entstehung der modernen Welt.

Aus dem Niederländischen von Andreas Ecke. Suhrkamp Verlag, Berlin 2022. 751 S., geb., 34,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Von mehreren Jahrhunderten niederländischer Kolonisierung, von antikolonialen Bewegungen, von beiderseitigen Verbrechen berichtet Historiker David van Reybrouck auf über 700 Seiten in seinem Buch über Indonesien, schreibt Thomas E. Schmidt in seiner Rezension und macht deutlich, wie detailliert diese Geschehnisse erzählt werden. Er lernt, dass Indonesien mit seiner vergleichsweise frühen Unabhängigkeit auch als "Mutter der selbstbefreiten Nationen" gesehen werden kann. Dass damit nicht alle Probleme des Staates beseitigt wurden, werde jedoch auch nicht verschwiegen. Emotional und mitreißend ist das, meint der Rezensent, manchmal jedoch einen Tick zuviel, auch der Detailreichtum hätte für ihn etwas weniger umfangreich ausfallen dürfen. Dennoch überzeugen ihn Reybroucks lehrreiche Schilderungen.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Weil der Historiker, der auch Essayist und Romanautor ist, mühelos in die Rolle des Reporters zu wechseln versteht, bezaubert auch sein neues Buch mit einer ernsthaften Lebendigkeit, die zum Markenzeichen des Autors geworden ist.« Jürgen Osterhammel Süddeutsche Zeitung 20221021