Im Jahr 1911 verlebten Kurt Tucholsky und Else Weil in Rheinsberg einige schöne Urlaubstage. Zurück in Berlin schrieb Tucholsky dann etwas, was man eher mit der Antike in Verbindung bringt als mit dem 20. Jahrhundert: eine literarische Idylle. Tucholsky kümmerten Mode und Zeitgeist wenig. Ihn beschäftigte vielmehr ein alltägliches Missgeschick: Zwei junge Menschen verlieben sich und finden keine Freiräume, ihre Gefühle offen und ehrlich auszuleben. Literarisch wurde ihnen geholfen, und dafür musste nicht einmal der Fundus der alten Idyllendichter geplündert werden: Hirten, Putten oder Badenixen sucht man in Rheinsberg vergeblich. Fürs Liebesglück genügt eine kleine Wunderwaffe: der dadaistische Sprachgebrauch. Mit Scherz und Unsinn lassen sich nämlich die Feinde der Verliebten vertreiben: die spiessigen Bürger, die spröden Monisten und die engherzigen Ehrgeizlinge. Das Pärchen selbst leistet dabei herzlich wenig, es feiert nur sich selbst, seine Fantasie und sein Erleben. Mit seiner modernen Idylle gelang Tucholsky etwas wahrlich Seltenes: ein Prosatext, der glaubhaft fürs kleine Glück wirbt. Kein Wunder, dass Rheinsberg ein grosser Publikumserfolg wurde.
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