Es gibt viele Körper, die nicht der Norm entsprechen, sogar auf die allermeisten trifft dies zu. Und auch in feministischen Kämpfen werden Körper, je weiter sie von der Norm weg sind, umso häufiger auch unsichtbarer.
Das Buch möchte einen Überblick geben über körperbezogene Diskriminierungsformen
und Wege, diese zu bekämpfen. In weiten Teilen ist es akribisch recherchiert und macht wichtige…mehrEs gibt viele Körper, die nicht der Norm entsprechen, sogar auf die allermeisten trifft dies zu. Und auch in feministischen Kämpfen werden Körper, je weiter sie von der Norm weg sind, umso häufiger auch unsichtbarer.
Das Buch möchte einen Überblick geben über körperbezogene Diskriminierungsformen und Wege, diese zu bekämpfen. In weiten Teilen ist es akribisch recherchiert und macht wichtige Punkte, weshalb ich es als Einstieg in das Thema empfehlen würde.
Jedoch hätte das Buch noch stärker ins Detail gehen können. So wird bspw. die Diskriminierung alter Körper relativ oberflächlich verhandelt, ohne dass ein Hinweis auf die gesundheitliche Diskriminierung oder das Thema Altersarmut stattfindet. Es ist wichtig, zu zeigen, dass Feminismus intersektional sein muss, mir wurde aber nicht genug herausgestellt, was die Autorin damit meint. Ich weiß, dass das ein sehr komplexes Thema ist, hätte mir aber hier einen stärkeren Verweis gewünscht. Denn so wichtig es ist, dass wir weißen Feminist*innen uns aktiv reflektieren, so wichtig finde ich es, die Hauptlast nicht nur auf individueller Ebene bei schon diskriminierten Personen zu suchen, sondern gerade auch auf struktureller, institutioneller Ebene und bei jenen Personen, die auch von der Unterdrückung weiblich markierter Körper profitieren.
Deshalb hätte ich mir noch einen Punkt gewünscht, der klare Forderungen an Institutionen stellt. Auch, wenn die kapitalistische Verwertung feministischer Kämpfe kritisiert wurde, fand ich teilweise die Lösungsvorschläge nicht immer konsequent.
Zuletzt habe ich eine konkrete inhaltliche Kritik, die ich vor allem wichtig finde, da das Buch sehr faktengespickt als Einstiegslektüre gedacht ist. Ich finde es bei solchen Büchern wichtig, dass sie auch Menschen außerhalb der Bubble erreichen können, indem sie das Potential haben, auf einer leichter verständlichen, weil auch für Nichtbetroffene zugänglichen Ebene zu argumentieren. Allerdings wurde bspw. davon gesprochen, dass Darwins "rassistische" Evolutionstheorien dafür verantwortlich seien, dass weibliche Körper historisch als unbehaart wahrgenommen wurden. Doch Darwins Theorien waren nicht rassistisch und sind bis heute im Kern weiter gültig, der Sozialdarwinismus kommt nicht von ihm selbst und wie gesellschaftlich mit wissenschaftlichen Erkenntnissen umgegangen wird, ist nicht die Schuld der Wissenschaftler*innen, solang ihre Theorien dieses Denken nicht voraussetzen.
An anderer Stelle wurde betont, dass Dicksein allein nicht über Kranksein entscheidet und man sich auf Studien nicht verlassen könne, da sie diätindustriefinanziert seien. Es stimmt, dass Dicksein per se nicht krank machen muss, aber es ist ein Risikofaktor und dieses Argument wird jede*r Gegner*in nennen - warum also nicht direkt entkräften, indem man statt gegen Strohmänner dieses Risiko offen anspricht, aber mit einem "Na und?" beantwortet? Gerade die unterschiedliche gesellschaftliche Herangehensweise an Übergewicht und Alkohol zeigt ja, wie willkürlich bestimmte Risiken gesellschaftlich sanktioniert werden. Man könnte vielmehr die Frage stellen, warum es für die Wertigkeit des Menschen in unserer Gesellschaft eine Rolle spielt, wie "gesund" er ist, und ob wir nicht auf eine Gesellschaft hinarbeiten sollten, in der das schlichtweg egal ist. Was die finanzierten Studien angeht: Wie gut sie sind, entscheidet die transparent darzulegende Methodik, nicht, wer sie finanziert hat. Deshalb spielt eine solche Argumentation unbeabsichtigt Wissenschaftsfeindlichkeit in die Hände. Und auch, wenn diese drei Beispiele wirklich die Minderheit in diesem Buch darstellen, sind es wunde Punkte, mit denen die wichtige inhaltliche Kritik schnell abgewatscht werden kann. Deshalb hätte ich mir hier mehr Differenzierung gewünscht und die Dekonstruktion gerade der Argumente, die auf den ersten Blick valide scheinen, aber eben fettfeindlich sind.