Als Bundesministerin, Abgeordnete und später Präsidentin des Bundestages prägte Rita Süssmuth rund zwei Jahrzehnte lang die deutsche Bundespolitik. Dabei war ihr Einstieg in die Politik eine Überraschung. Als die junge Dortmunder Professorin 1985 ins Kabinett von Bundeskanzler Helmut Kohl berufen wurde, kannten sie nur die wenigsten. Süssmuth gelang es schnell, bekannt und beliebt zu werden. Die "Frau des Jahres 1987" galt ein Jahrzehnt lang als die populärste Politikerin der Republik. Denn als junge Seiteneinsteigerin war sie eine willkommene Abwechslung zum 'herkömmlichen' Politikertypus in Bonn. Doch mit ihrer öffentlichkeitswirksamen Agenda und ihren bisweilen provokanten Auftritten stieß sie in den eigenen Reihen beständig auf Widerstände und Neider – und fand schließlich in der Bevölkerung mehr Zustimmung als in der eigenen Partei. Johanna Klatt zeigt in ihrer Studie über die politische Karriere Rita Süssmuths, dass Seiteneinsteiger kein Allheilmittel gegen Politikverdrossenheit oder Politikerfrustrationen darstellen – zumindest nicht, solange sie ausschließlich als Gegenpol zu dem weithin ungeliebten Typus des 'herkömmlichen' Politikers geschätzt werden.