Ressourcenkonflikte und imperiales Prestige: Robert Kindler erzählt eine packende, mikroglobale Verflechtungsgeschichte mit Blick auf die Robbenjagd im Nordpazifik. Als Zar Alexander II. 1867 Russisch-Amerika, das heutige Alaska, an die Vereinigten Staaten verkaufte, bedeutete das für den nordpazifischen Raum eine Zäsur. Während Russland bemüht war, an der Peripherie ein Mindestmaß imperialer Autorität aufrechtzuerhalten, versuchten staatliche und private Akteure aus den USA, aber auch aus Großbritannien und Japan, sich Zugang zu den raren Ressourcen der Region zu verschaffen. Insbesondere Robbenfelle waren auf dem Weltmarkt gefragt, Pelze galten in Metropolen wie London, Paris und Moskau als Statussymbole des aufstrebenden Bürgertums. In seinem neuen Buch erzählt der Historiker Robert Kindler eine Geschichte transnationaler Verflechtungen und Konflikte. Am Beispiel der Robbenjagd im Nordpazifik befasst er sich mit fragiler Staatlichkeit, der Unterdrückung der indigenen Bevölkerung und rücksichtsloser Ressourcenausbeutung. So schrumpften die Robbenherden auf den russischen Kommandeurinseln innerhalb weniger Jahrzehnte auf wenige Tausend Tiere. Die massiven Eingriffe in die nordpazifischen Ökosysteme wirken bis heute nach.
Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension
Rezensent Arno Orzessek empfiehlt zunächst Jack Londons Klassiker "Der Seewolf". Solcherart vorbereitet kann sich der Leser Robert Kindlers eher spröder Historiografie über Alaska zuwenden, meint er. Dass die durchaus lehrreich ist, beteuert Orzessek nachhaltig, indem er etwa auf den Quellenreichtum der Arbeit verweist, auf ihre globale Dimension und auf ihre Aktualität. Indem der Autor nämlich, zunächst etwas akademisch spröde vielleicht, gibt der Rezensent zu bedenken, auf Sowjetrusslands Überforderung mit seinem Kolonialgebiet Alaska hinweist, erinnert er an den russischen Größenwahn.
© Perlentaucher Medien GmbH
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