Dieser Band enthält folgende Romane: Lass dich nicht ins Moorschloss locken (Frank Rehfeld) Geliebte Hexe (Carol East) Bleiche Lady (Alfred Bekker) Grau und moosbewachsen erhoben sich die düsteren Mauern des verwinkelten Schlosses. Die Türme ragten spitz in den Nachthimmel und hoben sich gegen den Vollmond ab, dessen fahles Licht dem Schloss die Aura unvorstellbaren Alters zu verleihen schien. Schwarze Wolken zogen wie drohende Ungeheuer von Osten heran. Graue Nebel krochen wie gestaltlose böse Geister über den Boden und umlagerten die grauen Mauern wie Spinnweben. Das Licht des Mondes spiegelte sich in dem dunklen, modrigen Teich, der sich vor dem Schloss befand. Eine junge Frau stand dicht an der kniehohen Ummauerung, die den Teich begrenzte und blickte auf die spiegelglatte Wasseroberfläche. Ihr eigenes, totenbleiches Gesicht blickte ihr entgegen. Ihre Augen vermittelten den Eindruck tiefer Melancholie. Das blonde Haar fiel ihr auf die schmalen Schultern, die von dem fließenden Stoff ihres dunkelroten Kleides bedeckt waren. Sie atmete tief durch. Ihr Blick bekam dabei etwas Schmerzvoll-Sehnsüchtiges. "Tom...", flüsterte sie. "Geliebter..." Sie schluckte und eine Träne rann ihr über das fast weiße Gesicht. Und in Gedanken fügte sie hinzu: Wo mag deine Seele jetzt sein? Nichts geht verloren, auch durch den Tod nicht. Davon bin ich überzeugt... Aber wir wurden durch ein grausames Schicksal getrennt! Getrennt durch die Abgründe von Raum und Zeit... Die junge Frau ballte die Fäuste. Sie schloss die Augen, während ihre Tränen die Wangen hinunterliefen. Erinnerungen stiegen in ihr auf. Das Gesicht eines Mannes erschien vor ihrem inneren Auge. Dunkles Haar umrahmte seine sympathischen Züge. Der Blick seiner grüngrauen Augen ging ihr durch und durch. "Ich liebe dich, Tom", flüsterte sie. Sie glaubte beinahe körperlich zu spüren, wie seine Hände die ihren berührten. Ein wohliger, warmer Schauer überlief ihren Rücken. Eine Empfindung, die so völlig im Gegensatz zur düsteren, kalten Umgebung stand... Ich rufe dich!, ging es ihr durch den Kopf. Wo immer du auch sein magst, ich rufe dich... deine Seele! Einen Augenblick lang stand sie mit geschlossenen Augen da. Und im Geist hörte sie Tom ihren Namen flüstern. "Mary..." Es klang wie Musik in ihren Ohren. Sein dunkles Timbre verzauberte sie. Für einen Moment verlor sie sich in diesen Empfindungen, verlor sich in dem Gefühl der tiefen Liebe, die sie empfand. Bis langsam aber sicher wieder die düstere Erkenntnis in ihr aufstieg, dass das alles nichts weiter als eine Illusion war. Eine Vorspiegelung ihres Geistes. Sie war allein, so schrecklich allein... Oh, Tom... Einsamkeit.
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