München im Herbst 1918. In der Stadt brodelt es. Nach dem verlorenen Krieg drängen sich verarmte Kleinbürger, entwurzelte Soldaten, Deserteure und Schwarzhändler in den Straßen. Vor den öffentlichen Suppenküchen stehen die Menschen Schlange, der Unmut wächst. Während das Bürgertum Münchens wie gelähmt ist, wird in Schwabing der Weg in die Räterepublik bereitet. Künstler und Intellektuelle wie Kurt Eisner, Erich Mühsam und Ernst Toller rufen zur Revolution auf. Der letzte bayerische König Ludwig III. flieht heimlich aus dem Land. In Dachau kommt es zur Schlacht zwischen Revolutionären und den Regierungstruppen. Während in der fiebrigen Welt der Schwabinger Boheme Entwicklungen diskutiert werden, erprobt der Psychologe Dr. Sitty die Theorien des jungen Wiener Nervenarztes Sigmund Freud an einer Patientin. Norbert Göttler zeichnet in seinem Roman ein brillantes und vielschichtiges Bild der revolutionären Geschehnisse nach und blickt auf die kleinen Leute, deren Biografien sich nicht in den Geschichtsbüchern finden lassen. Mit seinen Illustrationen liefert Klaus Eberlein bestechende Momentaufnahmen aus einer der packendsten Episoden der jüngeren Geschichte Münchens.
Süddeutsche ZeitungZeitenwende
Neu aufgelegt: Norbert Göttlers
Roman „Roter Frühling“
Der Kampf um Dachau im Jahr 1919 bot für Norbert Göttler den ersten Anlass, sich mit dem Thema Räterepublik zu beschäftigen. Ernst Toller, Kommandant der Dachauer Truppen und militärisch weitgehend unerfahren, war es am 16. April gelungen, die Regierungstruppen aus der Stadt zu vertreiben. Den Triumph feierte die Rote Armee mit orgiastischen Festen und Saufereien, die aber alle ordentlich bezahlt wurden, bevor die Weißgardisten Dachau zurückeroberten und damit das blutige Ende der Räterepublik einläuteten.
Kein Wunder, dass dieses Thema den damaligen Kreis- und jetzigen Bezirksheimatpfleger schon während seines Studiums faszinierte. Entstanden ist daraus im Jahr 2004 der Roman „Roter Frühling“, der die Monate der Räterepublik schildert. 100 Jahre nach der bayerischen Revolution hat nun der Allitera Verlag das Buch mit geringfügigen Veränderungen neu aufgelegt.
Die Schwabinger Boheme diskutiert die aktuellen politischen Entwicklungen im Herbst 1918 genauso hitzig wie die Theorien des jungen Wiener Nervenarztes Sigmund Freud. Mitten drin in allen Debatten Sophie Sitty, Arzttochter und Kunststudentin. Für sie ist die Revolution lang nur ein spannendes Abenteuer. Es dauert ziemlich, bis sie erkennt, dass ihr Geliebter, der Russe Sergej Gramow, Mitglied der konterrevolutionären Thule-Gesellschaft ist und sie als Spionin missbraucht. Auch checkt sie nicht, dass sie Freund Alexander von Abstreiter, der sie mit seiner Anhänglichkeit nervt, an diesen antisemitischen Geheimbund vermittelt hat. Doch der drogensüchtige junge Mann, den sein Vater für einen Versager hält, fühlt sich zusehends wohl in einem von der Thule-Gesellschaft unterstützten Freikorps, während Commercienrat Abstreiter, ein Fabrikant, der noch im königlichen Bayern wurzelt, die neue Zeit überhaupt nicht mehr versteht. Bleibt noch Benno Vermehr, ein desertierter Soldat, der sich als Leibwächter Kurt Eisners der Revolution anschließt und dessen militärisches Fachwissen die intellektuellen Revoluzzer gut brauchen können.
Göttler beschreibt anschaulich den Zusammenbruch der alten Ordnung; die unterschiedlichen Charaktere, die aufeinander stoßen, ergeben ein spannendes Gerüst. Ein Buch für alle, die einen Überblick über die Räterepublik gewinnen wollen, ohne sich lang mit Fachbüchern auseinanderzusetzen.
SABINE REITHMAIER
Norbert Göttler: Roter Frühling. Roman der Räterepublik. Allitera Verlag 2018
LESENSWERT
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Neu aufgelegt: Norbert Göttlers
Roman „Roter Frühling“
Der Kampf um Dachau im Jahr 1919 bot für Norbert Göttler den ersten Anlass, sich mit dem Thema Räterepublik zu beschäftigen. Ernst Toller, Kommandant der Dachauer Truppen und militärisch weitgehend unerfahren, war es am 16. April gelungen, die Regierungstruppen aus der Stadt zu vertreiben. Den Triumph feierte die Rote Armee mit orgiastischen Festen und Saufereien, die aber alle ordentlich bezahlt wurden, bevor die Weißgardisten Dachau zurückeroberten und damit das blutige Ende der Räterepublik einläuteten.
Kein Wunder, dass dieses Thema den damaligen Kreis- und jetzigen Bezirksheimatpfleger schon während seines Studiums faszinierte. Entstanden ist daraus im Jahr 2004 der Roman „Roter Frühling“, der die Monate der Räterepublik schildert. 100 Jahre nach der bayerischen Revolution hat nun der Allitera Verlag das Buch mit geringfügigen Veränderungen neu aufgelegt.
Die Schwabinger Boheme diskutiert die aktuellen politischen Entwicklungen im Herbst 1918 genauso hitzig wie die Theorien des jungen Wiener Nervenarztes Sigmund Freud. Mitten drin in allen Debatten Sophie Sitty, Arzttochter und Kunststudentin. Für sie ist die Revolution lang nur ein spannendes Abenteuer. Es dauert ziemlich, bis sie erkennt, dass ihr Geliebter, der Russe Sergej Gramow, Mitglied der konterrevolutionären Thule-Gesellschaft ist und sie als Spionin missbraucht. Auch checkt sie nicht, dass sie Freund Alexander von Abstreiter, der sie mit seiner Anhänglichkeit nervt, an diesen antisemitischen Geheimbund vermittelt hat. Doch der drogensüchtige junge Mann, den sein Vater für einen Versager hält, fühlt sich zusehends wohl in einem von der Thule-Gesellschaft unterstützten Freikorps, während Commercienrat Abstreiter, ein Fabrikant, der noch im königlichen Bayern wurzelt, die neue Zeit überhaupt nicht mehr versteht. Bleibt noch Benno Vermehr, ein desertierter Soldat, der sich als Leibwächter Kurt Eisners der Revolution anschließt und dessen militärisches Fachwissen die intellektuellen Revoluzzer gut brauchen können.
Göttler beschreibt anschaulich den Zusammenbruch der alten Ordnung; die unterschiedlichen Charaktere, die aufeinander stoßen, ergeben ein spannendes Gerüst. Ein Buch für alle, die einen Überblick über die Räterepublik gewinnen wollen, ohne sich lang mit Fachbüchern auseinanderzusetzen.
SABINE REITHMAIER
Norbert Göttler: Roter Frühling. Roman der Räterepublik. Allitera Verlag 2018
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