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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
© Perlentaucher Medien GmbH
Der englische Abenteurer, Agent und begnadete Reiseschriftsteller Patrick Leigh Fermor (1915-2011) schildert in dionysisch-schwärmerischen Episoden seine Reisen in den griechischen Norden. Das im Original 1966 erschienene und kongenial neu übersetzte Buch ist eine Liebeserklärung an ein seit jeher in seiner Unabhängigkeit und Ursprünglichkeit bedrohtes, doppelbödiges, geschichtsgetränktes, chimärengleiches Land: Das erste Kapitel "Die schwarzen Wanderer" führt zum Nomadenvolk der Sarakatsanen in Thrakien und erzählt von Weiden als Lebenswelten. Als Hochzeitsgast wird Fermor Zeuge der "archaischen Ehen", erörtert Gelage und Gesänge als in ferner Vergangenheit gewirktes "Gewebe aus Sitten und Gebräuchen". "Das hellenisch-rhomäische Dilemma" und der "römische Kaisermantel auf griechischen Schultern" sind Thema eines kunstvollen Essays: Die griechische Psyche sei seit dem Byzantinischen Reich in einen der orthodoxen Ostkirche zugeneigten Teil und dem Archetyp des heidnischen Hellenen gespalten. Schwindelerregend in poetischen Höhen sind auch die "Zwischen Himmel und Erde" überschriebenen Evokationen der auf einsamen Felsen als Talismane griechischer Selbstbehauptung in den langen Besatzungsperioden und "Triumphe der Askese" erbauten Metéora-Klöster von Thessalien. Immer wieder verfolgt der Philhellene Fermor die Fährte seines "Bruders im Geiste", Lord Byron, der 1824 an der Spitze einer Brigade am Befreiungskrieg teilnahm. So begibt er sich auf die Suche nach einem Paar von Byrons Schuhen in dessen Wirkungsort Messolonghi. Fermors Zeit als britischer Agent und Organisator des Widerstands auf Kreta - 1944 konnte er den deutschen General Kreipe gefangen nehmen - spiegelt sich im Exkurs "ein Ausflug nach Kreta" wider, das er als "Inbegriff von Griechenland" und verdichteter Geschichte versteht. Der Schlussteil "Im Reich des Autolykos" führt nach dem Bürgerkrieg in die Tiefen des Hinterlands von Ätolien. Im elegischen Epilog evoziert der Autor das ewig-regenerative als hellenische Wesensart und die "Laute der griechischen Welt": So sei Athen ein "Lobgesang aus Säulen", die Ägäis eine "Äolsharfe in einem Pistazienbaum", und die griechischen Meere überhaupt seien "die Odyssee, deren Melodie wir nie fassen" werden.
sg
"Rumeli. Reisen im Norden Griechenlands" von Patrick Leigh Fermor. Dörlemann Verlag, Zürich 2012. 384 Seiten. Gebunden, 24,90 Euro.
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Thomas Medicus, Süddeutsche Zeitung
»Einer der Berichte in diesem durchschnittlich umfangreichen, aber einzigartig reichhaltigen Buch, widmet sich dem 'hellenisch-rhomäischen Dilemma', und damit den zwei Seiten des Griechentums, seiner heidnisch-antiken und seiner byzantinisch-orientalischen Seite. Außerdem findet sich neben dieser aufschlussreichen Wesensschau noch eine kurze Hommage an die 'Laute der griechischen Welt', eine bezaubernde Charakterisierung der einzelnen Städte, Inseln und Landschaften, und zwar anhand von Klängen, die Fermor, der wie niemand sonst intellektuelle Arbeit mit sinnlicher Einfühlung vereint, mit diesen Orten in Verbindung bringt: 'Sparta ein klirrender Amboss, Mykene eine fallende Axt, Ithaka das Schwirren eines Pfeils.' Dem möchte man nach der Lektüre sofort folgen.«
Tobias Lehmkuhl, Deutschlandradio Kultur
»Fermor ist, einer seiner vielen Vorzüge, immer ein großer Lebensbejaher gewesen;und aus dieser Bejahung erwächst seine natürliche Toleranz. Aus der Bejahung erwächst auch sein herrlicher Stil. Passagenweise schreibt er beinahe Prosagedichte - aus schierer Bewunderung für das, was er sieht.«
Wieland Freund, Die Welt
»Mit dem perfekten Stilisten Fermor macht man auch eine Zeitreise in ein besseres Hellas.«
Daniel Arnet, SonntagsZeitung
»Wer weiss schon, wo Rumeli liegt? Zumal die Antwort je nach Zeit und Ansicht ganz unterschiedlich ausfällt. Natürlich hält sich Fermor an eine grosszügige Definition und meint damit ganz Nordgriechenland, was dem alten Causeur mehr Raum lässt für seine epischen Ausführungen bis weit zurück in die antike Vorgeschichte ... Vieles mag vergangen sein. Geblieben ist die Vorliebe für absurde Geschichten, die sich Griechen gerne ausmalen und deren Erzählweise sich Fermor zu eigen macht.«
Geneviève Lüscher, NZZ am Sonntag