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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
© Perlentaucher Medien GmbH
Der sich als "Situationisten" und Spontanreisenden vorstellende Autor und Musiker Tex Rubinowitz begibt sich in vierzehn Variationen auf Spritzfahrten in das Selbst. Als "Paralleltourismus" zum Pauschaltourismus entwickelt er die Philosophie vom "Reisen mit Auftrag": Seine Missionen unter dem Lebenscredo des Miteinanderredens und Axiom vom "Mitleid mit Dingen" führen ihn zwecks touristisch nachhaltigen "Karmakontos" nach Bhutan in die einzige ampellose Hauptstadt der Welt, um dort eine Verkehrsampel zu installieren, nach Indien, um sich dort von einem Schneider für einen imaginären Freund mit zwei überzähligen Gliedmaßen (auch "Vishnu, der Alldurchdringende" habe vier Arme) einen Anzug schneidern zu lassen - aber auch nach Bamberg, einfach des wohlklingenden Namens wegen. Neben privaten Missionen bricht er auf zu öffentlichen Orten und Inszenierungen des ganz normalen Wahnsinns und Europas, zu Events der Erkenntnis und Weltverbesserung. So reist er zum Midnight Sun Film Festival im lappländischen Sodankylä oder gleich mehrfach zum köstlich kommentierten Bachmann-Wettlesen in Klagenfurt und Eurovision Song Contest. Rubinowitz' an skurrilen Aufhängern sich entlanghangelnde, schwarzhumorige Texte erkunden die "Psychogeographie" der Orte - ausgerechnet in der "klammen Stadt" Porto kuriert er eine Lungenentzündung aus, als Klatschreporter lässt er sich in Berlin als deutscher "Identitätswohnstube" nieder. Dass nicht nur Europa letztlich eine "imagined community" und "irisierende Illusion" abbildet, sondern auch ein nie bereistes Amerika eine ideale Projektionsfläche der Träume sein kann, zeigt die Geschichte "Gloria" als Hommage an Franz Kafka. Auch das Schlusskapitel "Häuser ohne Augen" kreist um jene "magischen Strecken", die ihren Zauber nicht unbedingt im Ankommen entfalten und gegebenenfalls wirksamer in den Gehirnwindungen weiterleben, so die Transsibirische Eisenbahn oder der mittlerweile wieder eingestellte Ostende-Wien-Express. So verortet das Buch das "Bruttonationalglück" letztlich in Sehnsuchtsländern und der Topographie der Fantasie.
sg
"Rumgurken. Reisen ohne Plan, aber mit Ziel" von Tex Rubinowitz. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Hamburg 2012. 224 Seiten. Broschiert, 11,99 Euro.
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