Ländliche Strukturen inmitten urbaner Räume - eine grundlegend neue Perspektive der Stadtgeschichte Ein findiger Geschäftsmann eröffnete 1878 in München eine Milchkuranstalt, in der die Kund:innen Milch direkt neben der Erzeugerkuh konsumieren konnten. Parallel entwickelten sich in Dresden Kleingärten, in denen die Eigentümer:innen neben Obst-, Gemüse- und Zierpflanzenbau Nutztierhaltung praktizierten. Beide Phänomene entsprachen dem zeitgenössischen Bedürfnis nach ruralen Strukturen inmitten urbaner Räume: Einen Teil der Stadtbevölkerung zwang die ökonomische Notlage zur Teilselbstversorgung, andere strebten, angestoßen durch hygienische Debatten, nach mehr Kontakt zum Entstehungszusammenhang ihrer Lebensmittel. Anschaulich, mit einer Vielzahl an Quellen, verdeutlicht Britta von Voithenberg den Stellenwert, den rurale Strukturen und Räume in den Großstädten Dresden und München in der Phase ihres größten Wachstums hatten. Mit dem ruralen Blick deckt sie bislang unerkannte urban-rurale Verschränkungsräume auf und zeigt damit, dass die modernen Metropolen viel ländlicher waren, als es in der Urbanisierungsforschung oft erscheint. Als zentrales Analyseelement dient der Begriff der »Rurbanität« - eine geschichtswissenschaftlich neue Herangehensweise an großstädtische Geschichte.
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