"Nur der Mörder bringt die Spannung", beschwert sich der Autor dieser 22 Kriminalgeschichten, in denen er auf spannende Weise alte Fälle wieder aufleben lässt. Dieser Satz findet sich zu Beginn der Geschichte vom "schönen Jonas", die er folgendermaßen einleitet: Es scheint in der Natur des Menschen zu liegen, dass er Mördern größeres Interesse zuwendet als den Ermordeten. Deren Ergreifung, die detaillierte Schilderung, wie sie das Verbrechen begingen, und die Beschäftigung mit ihrer Vergangenheit sind Gründe genug, das Ungeheuerliche im Gedächtnis zu behalten. Der Mörder lebt, der Ermordete ist zu schnell tot. Dessen letzte schreckliche Lebenssekunden sind nicht nachvollziehbar. Die weiß nur er und er hat sie mitgenommen. Das Leid seiner Angehörigen, ja, die bleibende Beschädigung ihres weiteren Lebens, gerät schnell in Vergessenheit. Der Weg des Mörders aber in die lebenslängliche Zelle oder dahin, wo die Tat noch im gleichen Maße, also mit dem Tod, gesühnt wird, den verfolgen die Außenstehenden mit Erschauern. Viele Fabeln von Kriminalromanen und -filmen sind auf diesem Prinzip entwickelt worden. Nur der Mörder bringt die Spannung. Manche Unbeteiligte schützen sich sogar vor einem solchen beunruhigenden Verbrechen, indem sie die Schuld daran dem Opfer zuschreiben, und wenn sie nur darin bestünde, dass es eine Minute sorglos gewesen war. Hätte es doch besser aufgepasst! Unterschwellig geschieht die Verdrängung durch Vorwürfe. Die Natur des Menschen kann ungerecht sein. 1789/90 erregte ein Mörder in Leipzig die etwas gehobenere Damenwelt derart, dass sie ihn mit ihrem Wehgeschrei über seine drohende Hinrichtung fast zu einem Unschuldsengel machte. Sie litt unter der Gewissheit, dann seinen wohlgeformten Körper nie mehr zu besitzen, und schon die Vorstellung, es könnte vielleicht noch etwas mit ihm werden, wenn er jetzt nicht hinter Gittern säße, brachte sie auf die Barrikaden. Er war ein Geiger, wohl eher ein Fiedler. Einer, der drauflosfiedelt und sich dabei charmant-dezent beinahe über die vor ihm sitzenden Damen beugt. Und dann erfahren wir, was diesem Mann eigentlich vorgeworfen wurde und weshalb es vor seiner Gefängniszelle im Georgenhaus am Leipziger Brühl zu regelrechten Frauenprotesten kam, welche am Ende aber nichts nützen. Sehr spannend liest sich das alles aber allemal. Zudem lädt der Autor dazu ein, die damaligen Tatorte und ihre Umgebung zu besichtigen. Dazu gibt es touristische Tipps, in diesem Falle Johann Sebastian Bach gewidmet.
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