Finanzkrise, Seilschaften mit der Politik, fehlerhafte Beratung, dubiose Belohnungen für Topverkäufer – Versicherer und Finanzdienstleister stehen neuerdings im Fokus der Öffentlichkeit. Davon betroffen, aber kaum thematisiert ist eine spezifische Absatzstrategie: der Strukturvertrieb. Hierbei vermitteln formal selbstständige, provisionsabhängige und oft fachfremde Außendienstler Finanzprodukte an Endkunden. Zusätzlich werben sie weitere Vermittler an, von deren Umsätzen sie profitieren. So entsteht ein pyramidenförmiges Netzwerk gegenseitiger Abhängigkeiten. Diese empirische Studie beleuchtet das Phänomen grundlegend und fragt: Wie verkaufen diese Fachfremden erklärungsbedürftige Produkte? Wie gelingt es trotz unattraktiver Rahmenbedingungen, ständig neue Mitglieder zu rekrutieren? Wie werden diese Mitglieder trotz oft prekärer Einkommen motiviert und gehalten und wie werden sie – bei formaler Selbstständigkeit – geführt? Dazu nehmen die Autoren arbeitssoziologische sowie anerkennungstheoretische Perspektiven ein und erweitern sie. Sie sammeln neuartige Erkenntnisse über den Wandel von Erwerbsarbeit und Organisationsmodellen – auf einem Feld, das bislang alles andere als transparent war.