Er ist klug und weise - und ein Auftragsmörder.
Hamburg, ein Imbiss auf St. Pauli. Hier steht ein stiller, sanftmütiger Mann, von dem niemand weiß, wer er in Wahrheit ist: Vor Jahren war Manuel Jessen ein Elitesoldat in Afghanistan, dann wurde er aus einer langen Gefangenschaft befreit und lebte mit seiner Geliebten Yuko ein ruhiges Leben in Japan. Aber kaum glaubte er, seinen Frieden gefunden zu haben, forderte sein amerikanischer Retter den Lohn für seine Befreiung ein. Manuel wird zu einem Auftragsmörder für den Geheimdienst. Bis er verraten wird und sich in die falsche Frau verliebt ...
Vom Autor der Erfolgsromane über Inspektor Takeda - ein Thriller voller Spannung und Weisheit, voller Abgründe und unerwarteter Wendungen.
Hamburg, ein Imbiss auf St. Pauli. Hier steht ein stiller, sanftmütiger Mann, von dem niemand weiß, wer er in Wahrheit ist: Vor Jahren war Manuel Jessen ein Elitesoldat in Afghanistan, dann wurde er aus einer langen Gefangenschaft befreit und lebte mit seiner Geliebten Yuko ein ruhiges Leben in Japan. Aber kaum glaubte er, seinen Frieden gefunden zu haben, forderte sein amerikanischer Retter den Lohn für seine Befreiung ein. Manuel wird zu einem Auftragsmörder für den Geheimdienst. Bis er verraten wird und sich in die falsche Frau verliebt ...
Vom Autor der Erfolgsromane über Inspektor Takeda - ein Thriller voller Spannung und Weisheit, voller Abgründe und unerwarteter Wendungen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.02.2023Im Gehäuse der Hörigkeit
Krimis in Kürze: Siebold, Freytag, Fearing
Erst wenn auch der letzte deutsche Landkreis, die unscheinbarste Kleinstadt einen regionalen Kommissar oder schrulligen Ermittler bekommen haben, so ließe sich die alte indigene Weisheit abwandeln, wird man merken, dass daraus nicht automatisch gute Kriminalromane entstehen. Insofern ist es eine erfreuliche Abwechslung, wenn Autorinnen und Autoren sich in ihren Geschichten um mehr Weltläufigkeit, mehr Action und großkalibrige Verbrechen bemühen - aber auch keine Garantie für bessere Romane.
Henrik Siebold, bekannt durch seine Bücher um den in Hamburg ermittelnden Inspektor Takeda, steigt in "Schattenkrieger" (Aufbau, 382 S., br., 12,99 Euro) groß ein: ein Afghanistan-Veteran, der auf St. Pauli die besten Currywürste der Stadt macht und einer Spezialeinheit der CIA als gelegentlicher Auftragskiller dient, deutsche und türkische Geheimdienstler, die eigene Wege gehen, eine riesige Summe Geld aus Beständen des IS, blutige, ultrabrutale Schlägereien, rasante Verfolgungsjagden wie in Hollywoodfilmen. Das liest sich nicht schlecht, auch die längeren japanischen Rückblenden, in denen man unter anderem erfährt, wie der Veteran bei einem Zen-Meister zum Schattenkrieger wurde, nimmt man mit - aber Siebold übertreibt es dann doch mit dem Archetypen vom einsamen Wolf und der leicht abgestandenen Kiez-Romantik. So recht kann er sich auch nicht entscheiden, ob sein Held nun Rambo oder Zen-Jünger sein soll.
Auch bei Anne Freytag wird nicht klein und provinziell gedacht. Freytag, die als sogenannte All-Age-Autorin gilt, also Bücher schreibt, die sich an Kinder, Jugendliche und Erwachsene wenden, schildert in "Mind Gap" (dtv, 384 S., br., 14,99 Euro) eine Welt der nahen Zukunft, in der Menschen durch winzige Neurochips in ihren Körpern überwacht werden, mit denen sich auch ihr Verhalten steuern lässt. Noch befindet sich die Technologie im Teststadium, bevorzugte Probanden sind ehemalige Soldaten, bei denen nicht nur traumatische Erinnerungen gelöscht, sondern auch Querschnittslähmungen geheilt werden.
Dass die Missbrauchswilligen schon warten, versteht sich. Skrupellose Politiker, die in den inzwischen entstandenen Vereinigten Staaten von Europa Karriere machen wollen, Wissenschaftler ohne ethischen Kompass - die üblichen Verdächtigen halt, die in solchen Szenarien immer auftauchen. Der Roman besteht aus vielen kurzen Kapiteln mit Cliffhangern, die das Tempo hoch halten, und wechselt häufig die Perspektiven. Warum eine Journalistin da als Icherzählerin amtieren muss, erschließt sich nicht. Es läuft einfach zu viel an ihr vorbei. So interessant die dystopische Skizze eines Chips ist, der bewirkt, was man früher gerne mit dem euphemistischen Begriff "Gehirnwäsche" umschrieb - so wenig originell und subtil fällt Freytags Variation eines alten Motivs aus. Nur der Schluss des Buches, der ist wirklich stark.
Kaum zu glauben, dass dieser Roman noch nie ins Deutsche übersetzt wurde. "Die große Uhr" (Elsinor, 200 S., br., 20,- Euro) von Kenneth Fearing erschien 1946 und ist im angelsächsischen Raum längst ein Noir-Klassiker. Hier ist er allenfalls durch seine insgesamt drei Verfilmungen bekannt. Fearing erzählt formal innovativ. Sieben verschiedene Icherzähler treiben die Handlung voran. Der wichtigste ist George Stroud, der ein True-Crime-Magazin leitet. Nach einem One-Night-Stand mit der Geliebten seines Chefs bringt er sie nach Hause. Er sieht seinen Chef noch ins Haus gehen; dieser weiß nur, dass da ein Zeuge war. Am nächsten Tag wird die Frau tot aufgefunden.
Nun sollen die Journalisten diesen Zeugen finden. George muss also gegen sich selbst ermitteln - und dabei zugleich die Ermittlungen unterlaufen. Die wechselnden Perspektiven schüren effektvoll die Spannung, die Schlinge zieht sich immer enger um den Hals des unschuldigen, aber nicht allzu sympathischen George. Fearing, der als proletarischer Poet begann, richtet in seinem Roman auch einen kritischen Blick auf den amerikanischen Konsumismus und die Medienwelt jener Jahre. Die große Uhr dient als Metapher des kapitalistischen Getriebes. Das "stählerne Gehäuse der Hörigkeit", wie Max Weber es nannte, lässt die Individuen nicht mehr entkommen. PETER KÖRTE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Krimis in Kürze: Siebold, Freytag, Fearing
Erst wenn auch der letzte deutsche Landkreis, die unscheinbarste Kleinstadt einen regionalen Kommissar oder schrulligen Ermittler bekommen haben, so ließe sich die alte indigene Weisheit abwandeln, wird man merken, dass daraus nicht automatisch gute Kriminalromane entstehen. Insofern ist es eine erfreuliche Abwechslung, wenn Autorinnen und Autoren sich in ihren Geschichten um mehr Weltläufigkeit, mehr Action und großkalibrige Verbrechen bemühen - aber auch keine Garantie für bessere Romane.
Henrik Siebold, bekannt durch seine Bücher um den in Hamburg ermittelnden Inspektor Takeda, steigt in "Schattenkrieger" (Aufbau, 382 S., br., 12,99 Euro) groß ein: ein Afghanistan-Veteran, der auf St. Pauli die besten Currywürste der Stadt macht und einer Spezialeinheit der CIA als gelegentlicher Auftragskiller dient, deutsche und türkische Geheimdienstler, die eigene Wege gehen, eine riesige Summe Geld aus Beständen des IS, blutige, ultrabrutale Schlägereien, rasante Verfolgungsjagden wie in Hollywoodfilmen. Das liest sich nicht schlecht, auch die längeren japanischen Rückblenden, in denen man unter anderem erfährt, wie der Veteran bei einem Zen-Meister zum Schattenkrieger wurde, nimmt man mit - aber Siebold übertreibt es dann doch mit dem Archetypen vom einsamen Wolf und der leicht abgestandenen Kiez-Romantik. So recht kann er sich auch nicht entscheiden, ob sein Held nun Rambo oder Zen-Jünger sein soll.
Auch bei Anne Freytag wird nicht klein und provinziell gedacht. Freytag, die als sogenannte All-Age-Autorin gilt, also Bücher schreibt, die sich an Kinder, Jugendliche und Erwachsene wenden, schildert in "Mind Gap" (dtv, 384 S., br., 14,99 Euro) eine Welt der nahen Zukunft, in der Menschen durch winzige Neurochips in ihren Körpern überwacht werden, mit denen sich auch ihr Verhalten steuern lässt. Noch befindet sich die Technologie im Teststadium, bevorzugte Probanden sind ehemalige Soldaten, bei denen nicht nur traumatische Erinnerungen gelöscht, sondern auch Querschnittslähmungen geheilt werden.
Dass die Missbrauchswilligen schon warten, versteht sich. Skrupellose Politiker, die in den inzwischen entstandenen Vereinigten Staaten von Europa Karriere machen wollen, Wissenschaftler ohne ethischen Kompass - die üblichen Verdächtigen halt, die in solchen Szenarien immer auftauchen. Der Roman besteht aus vielen kurzen Kapiteln mit Cliffhangern, die das Tempo hoch halten, und wechselt häufig die Perspektiven. Warum eine Journalistin da als Icherzählerin amtieren muss, erschließt sich nicht. Es läuft einfach zu viel an ihr vorbei. So interessant die dystopische Skizze eines Chips ist, der bewirkt, was man früher gerne mit dem euphemistischen Begriff "Gehirnwäsche" umschrieb - so wenig originell und subtil fällt Freytags Variation eines alten Motivs aus. Nur der Schluss des Buches, der ist wirklich stark.
Kaum zu glauben, dass dieser Roman noch nie ins Deutsche übersetzt wurde. "Die große Uhr" (Elsinor, 200 S., br., 20,- Euro) von Kenneth Fearing erschien 1946 und ist im angelsächsischen Raum längst ein Noir-Klassiker. Hier ist er allenfalls durch seine insgesamt drei Verfilmungen bekannt. Fearing erzählt formal innovativ. Sieben verschiedene Icherzähler treiben die Handlung voran. Der wichtigste ist George Stroud, der ein True-Crime-Magazin leitet. Nach einem One-Night-Stand mit der Geliebten seines Chefs bringt er sie nach Hause. Er sieht seinen Chef noch ins Haus gehen; dieser weiß nur, dass da ein Zeuge war. Am nächsten Tag wird die Frau tot aufgefunden.
Nun sollen die Journalisten diesen Zeugen finden. George muss also gegen sich selbst ermitteln - und dabei zugleich die Ermittlungen unterlaufen. Die wechselnden Perspektiven schüren effektvoll die Spannung, die Schlinge zieht sich immer enger um den Hals des unschuldigen, aber nicht allzu sympathischen George. Fearing, der als proletarischer Poet begann, richtet in seinem Roman auch einen kritischen Blick auf den amerikanischen Konsumismus und die Medienwelt jener Jahre. Die große Uhr dient als Metapher des kapitalistischen Getriebes. Das "stählerne Gehäuse der Hörigkeit", wie Max Weber es nannte, lässt die Individuen nicht mehr entkommen. PETER KÖRTE
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»Packender Thriller mit Zen-Faktor« taz. Die Tageszeitung 20231102