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Eine Ratte streift durch die dunklen Gassen und Häuser eines unterirdischen Slums und berichtet von ihren Ängsten und Erinnerungen, Sehnsüchten und skurrilen Begegnungen. Zwei Jungen dringen nachts in eine fremde Küche ein und finden sich in einem finsteren Raum wieder, inmitten unsichtbarer Köche und verführerischer Gerüche. Eine alte Zikade, Vorsängerin eines Chors, wird im Kampf mit einer Spinne zerlegt, nur ihr großer Kopf überlebt, und so konzentriert sie ihr Denken nun darauf, den eigenen Körper wieder auszubilden. Diese und andere Figuren, die alltäglicher und zugleich fantastischer…mehr
Eine Ratte streift durch die dunklen Gassen und Häuser eines unterirdischen Slums und berichtet von ihren Ängsten und Erinnerungen, Sehnsüchten und skurrilen Begegnungen. Zwei Jungen dringen nachts in eine fremde Küche ein und finden sich in einem finsteren Raum wieder, inmitten unsichtbarer Köche und verführerischer Gerüche. Eine alte Zikade, Vorsängerin eines Chors, wird im Kampf mit einer Spinne zerlegt, nur ihr großer Kopf überlebt, und so konzentriert sie ihr Denken nun darauf, den eigenen Körper wieder auszubilden. Diese und andere Figuren, die alltäglicher und zugleich fantastischer nicht sein könnten, bewegen sich traumwandlerisch in einer von den Gesetzen der Logik befreiten, in schillernden Tönen erzählten Welt. Can Xue, eine Meisterin der Erzählkunst, nimmt die Leserinnen und Leser in ihren Prosastücken mit auf eine atemberaubende Reise durch innere und äußere Landschaften und erkundet aus ganz eigenen Perspektiven das große Ganze unserer Existenz.
Can Xue (残雪), 1953 in Changsha geboren, entstammt einer Familie, die der Kulturrevolution zum Opfer fiel, und durfte nach der Grundausbildung nicht mehr zur Schule gehen. Angeregt durch ihren Vater beschäftigte sie sich mit westlicher und russischer Literatur. 2001 zog sie nach Peking und gilt heute als eine der wichtigsten Autorinnen der Gegenwart und als die einzige Frau, die sich in der chinesischen Avantgarde-Literaturszene weit über die Landesgrenzen hinaus etablieren konnte. Ihr Roman »Liebe im neuen Jahrtausend« wurde für den Internationalen Literaturpreis des Haus der Kulturen der Welt 2022 nominiert. Eva Schestag lebt und arbeitet in Frankfurt am Main. Sie übersetzt aus dem Klassischen und Modernen Chinesischen sowie aus dem Englischen. Unter anderem übertrug sie Werke von Ai Weiwei, Mark Arax, Cai Jun, Can Xue, Han Shan, Luo Guanzhong und Rao Pingru. Sie lehrte am Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft der Goethe-Universität Frankfurt.
Rezensionen
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Im besten Sinne unheimlich und vom Unbewussten angefeuert sind die Erzählungen der chinesischen Autorin Can Xue, konstatiert Rezensentin Julia Hubernagel: Erzählt wird von einem Nagetier aus einem Slum, das sowohl an Kafka als auch an Bulgakow erinnert und von durchsichtigen Menschen berichtet, die in durchsichtigen Häusern leben. Auch Überwachung und Verdrängung spielen eine Rolle, nur, dass sich Xues Protagonisten nicht nach Schuldigen für ihr Leid suchen, sondern eher dem Übersinnlichen anheimfallen, berichtet Hubernagel. Die Autorin schreibt in einer "écriture automatique" jeden Tag eine bestimmte Anzahl Sätze, die dann auch nicht mehr gestrichen werden, das sorgt dafür, dass die Kritikerin bisweilen Schwierigkeiten hat, ihr zu folgen, aber dennoch liest sie in den Geschichten gerne von der "Auflösung als eine vergnügliche Sache."