Ein Jahrhundertschauspieler wird 85 Ein Buch der Erinnerungen an ein großes Schauspielerleben. Eine Sammlung herrlicher Geschichten über Erlebnisse auf der Bühne, hinter den Kulissen, vor und hinter der Kamera und über unvergessene Kollegen wie Fritz Kortner, Hans Albers, Heinrich George und viele andere. Mario Adorfs Karriere begann in den frühen 50er-Jahren als junger Theaterschauspieler an den Münchner Kammerspielen und führte ihn über ungezählte Rollen im deutschen, italienischen, französischen und amerikanischen Film bis in die Gegenwart. Zugleich reüssierte er ab 1992 (»Der Mäusetöter«) auch als Buchautor. Sein neues Buch »Schauen Sie mal böse« versammelt eine Vielzahl hinreißender Geschichten aus seinem Schauspielerleben und zeigt noch einmal Mario Adorfs großes schriftstellerisches Können, mit dem er seit vielen Jahren seine Leser begeistert hat. Es beginnt mit Erinnerungen an seine allererste Rolle als Vierjähriger in seiner Heimatstadt Mayen in der Eifel (als siebter Zwerg in »Schneewittchen und die sieben Zwerge«). Es folgen erste Gesangsauftritte im Luftschutzkeller, um die Todesangst zu verdrängen, und Erinnerungen an seine Doppelexistenz als Schauspieler am Mainzer Studententheater und als Schwergewichtsboxer. Und ganz nebenbei entpuppt sich Mario Adorfs Buch als eine kleine augenzwinkernde Schauspielschule, in der es um die vielen Fußangeln der Schauspielkunst geht - um Blackouts bei Texten, um das Weinen und Lachen auf der Bühne, die originellsten Unfälle oder Sterbeszenen ... Es ist ein großes Glück für uns alle, dass uns Mario Adorf zu seinem Geburtstag dieses Buch schenkt, das er zum ersten Mal auch mit eigenen Zeichnungen illustriert hat.
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.09.2015Heldenhaft
Mario Adorf erzählt Geschichten
aus seinem Schauspielerleben
Stechende Augen hinter dicken Brillengläsern, eine unerbittliche Inquisition. Frühjahr 1957, in der Künstlerkneipe Atelier, hinter der Münchner Oper, eine halbe Stunde vor Mitternacht. Der junge Kammerspiel-Akteur Mario Adorf soll dem Regisseur Robert Siodmak zeigen, wie böse er gucken kann. Aber Siodmak, sächsischer Herkunft, ist nicht zufrieden – „bis er die Brille von seiner Nase auf die Stirn schob, mich mit Schreck einflößenden schwarzen Augen anstarrte und zischte: ,Das ist beese!‘“
„Schauen Sie mal böse!“, Siodmaks Aufforderung hat dem Buch den Titel gegeben, in dem Mario Adorf, Weltstar und lustvoller Erzähler, aus seinem Schauspielerleben berichtet. Es sind Bühnen- und Atelier-Geschichten, in denen er immer ins Traurige Kurioses eindringt, die komischen Momente sich ins Tragische verbiegen, und überall mischt sich der Fake ein, die Lust am Spielen und Vorspielen. Das Böse im Blick wird für „Nachts, wenn der Teufel kam“ gebraucht – die Rolle des Teufels, des Massenmörders Bruno, den Adorf für Siodmak, den Hollywood-Remigranten, spielen wird. Aus den letzten Kriegswochen sind Adorfs erste Erinnerungen, von Liedern, gesungen im Bunkerbau, wo Schwarzhandel getrieben und Jazzmusik gehört wird und Liebespaare sich in dunkle Ecken verziehen.
Ein Buch über den täglichen Heroismus, die heldenhaften Einsätze auf Bühnen und in Studios, beim Vorsprechen bei Kortner und Co., den Großen des Nachkriegstheater. Von Angst und Schmerz wird erzählt – auch beim beesen Blick ist Schmerz im Spiel – und davon, wie einer einen Finger durch ein Loch in der Dekoration steckt und eine Aufführung von „Endstation Sehnsucht“ rettet. Für die ultimative Performance, den Tod, ist der große Albert Bassermann zuständig, der in Hollywood legendäre Sterbeszenen hinlegte: „Komm schnell rüber ins Studio A, Bassermann stirbt!“ Vom Tode, schrieb Walter Benjamin, hat der Erzähler seine Autorität geliehen, Bassermann starb auf dem Rückflug nach Zürich, in einer dunklen Flugzeugkabine. „Außer seiner Frau gab es niemanden, der ihm diesmal zuschaute.“
FRITZ GÖTTLER
Mario Adorf: Schauen Sie mal böse! Geschichten aus meinem Schauspielerleben. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2015. 174 Seiten, 17,99 Euro. E-Book 15,99 Euro.
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Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Mario Adorf erzählt Geschichten
aus seinem Schauspielerleben
Stechende Augen hinter dicken Brillengläsern, eine unerbittliche Inquisition. Frühjahr 1957, in der Künstlerkneipe Atelier, hinter der Münchner Oper, eine halbe Stunde vor Mitternacht. Der junge Kammerspiel-Akteur Mario Adorf soll dem Regisseur Robert Siodmak zeigen, wie böse er gucken kann. Aber Siodmak, sächsischer Herkunft, ist nicht zufrieden – „bis er die Brille von seiner Nase auf die Stirn schob, mich mit Schreck einflößenden schwarzen Augen anstarrte und zischte: ,Das ist beese!‘“
„Schauen Sie mal böse!“, Siodmaks Aufforderung hat dem Buch den Titel gegeben, in dem Mario Adorf, Weltstar und lustvoller Erzähler, aus seinem Schauspielerleben berichtet. Es sind Bühnen- und Atelier-Geschichten, in denen er immer ins Traurige Kurioses eindringt, die komischen Momente sich ins Tragische verbiegen, und überall mischt sich der Fake ein, die Lust am Spielen und Vorspielen. Das Böse im Blick wird für „Nachts, wenn der Teufel kam“ gebraucht – die Rolle des Teufels, des Massenmörders Bruno, den Adorf für Siodmak, den Hollywood-Remigranten, spielen wird. Aus den letzten Kriegswochen sind Adorfs erste Erinnerungen, von Liedern, gesungen im Bunkerbau, wo Schwarzhandel getrieben und Jazzmusik gehört wird und Liebespaare sich in dunkle Ecken verziehen.
Ein Buch über den täglichen Heroismus, die heldenhaften Einsätze auf Bühnen und in Studios, beim Vorsprechen bei Kortner und Co., den Großen des Nachkriegstheater. Von Angst und Schmerz wird erzählt – auch beim beesen Blick ist Schmerz im Spiel – und davon, wie einer einen Finger durch ein Loch in der Dekoration steckt und eine Aufführung von „Endstation Sehnsucht“ rettet. Für die ultimative Performance, den Tod, ist der große Albert Bassermann zuständig, der in Hollywood legendäre Sterbeszenen hinlegte: „Komm schnell rüber ins Studio A, Bassermann stirbt!“ Vom Tode, schrieb Walter Benjamin, hat der Erzähler seine Autorität geliehen, Bassermann starb auf dem Rückflug nach Zürich, in einer dunklen Flugzeugkabine. „Außer seiner Frau gab es niemanden, der ihm diesmal zuschaute.“
FRITZ GÖTTLER
Mario Adorf: Schauen Sie mal böse! Geschichten aus meinem Schauspielerleben. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2015. 174 Seiten, 17,99 Euro. E-Book 15,99 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Wenn Mario Adorf aus seinem Schauspielerleben berichtet, ist Fritz Göttler ganz Ohr. Adorf ist für ihn lustvoller Erzähler seiner Bühnengeschichten, tragisch und komisch zugleich, der die Lust am Spielen nie verhehlen kann. Adorfs Erinnerungen an die letzten Kriegstage mit Schwarzhandel und Liedern im Bunker bedeuten Göttler neben Angst und Schmerz den Heroismus auf der Bühne und im Studio all der Großen des Nachkriegstheaters.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Und ganz nebenbei entpuppt sich Mario Adorfs Buch als eine kleine augenzwinkernde Schauspielschule, in der es um die vielen Fußangeln der Schauspielkunst geht.« buch-magazin.com 20151001